Il postino (Der Postmann) von Michael Radford. Italien/Frankreich, 1994. Philippe Noiret, Massimo Troisi, Maria Grazia Cuccinotta, Linda Moretti, Renato Scarpa
Die Metapher hält Einzug auf einer kleinen süditalienischen Insel, und zwar in Gestalt Pablo Nerudas, der hier Station im Exil macht und dem ortsansässigen Fischersohn und frisch gekürten Postmeister Mario dazu verhilft, mit der Macht der Sprache das Herz der schönen Beatrice zu kapern. So entwickelt sich eine Freundschaft zwischen dem großen Chilenen und dem kleinen Italiener.
Es menschelt gewaltig, wie man sich denken kann, es ist alles so rührend, so selenvoll, so heitert und besinnlich. Und so langweilig. Der schlichte Mario, der da herumstammelt, wortlos gestikuliert und im Angesicht der atemberaubenden Schönen logischerweise erst recht keinen Ton mehr rausbringt. Der gütige, ach so menschliche Dichter, der eine innige Liebe zu den kleinen Leuten hegt und zum Komplizen des Liebenden wird. Und natürlich jede Menge Italiener, die frisch aus jedem beliebigen de-Sica-Film der Fünfziger zu kommen scheinen, mit anderen Worten Folklore pur, Mediterraneo, wie wir es uns gern vorstellen, eine lieblich-ländliche Idylle in den fünfziger Jahren komplett mit strahlend blauem Meer und hinreißend ärmlichen Fischerhüttchen. Fast alles was geschieht ist lange vorher absehbar, außer Marios Tod am Schluss auf einer kommunistischen Kundgebung gibt es keine Überraschungen, und auch diese kann man ja eigentlich nicht erfreulich nennen. Der Humor, sofern vorhanden, hat sich mir nicht recht erschlossen, und wenn ich’s mir recht überlege, hat nur Noirets dezente, routinierte Präsenz mein Interesse wachhalten können. Als Neruda für einige Jahre aus dem Blickfeld verschwindet, und man schon argwöhnt, er habe seine Exilheimat womöglich vergessen, fällt die Dramaturgie, die zuvor ohnehin bereits mehr als brüchig war, vollends in sich zusammen, und man wartet nur noch auf das Ende. Ein oder zwei recht charmante Ideen können eben auf die lange Dauer auch nichts ausrichten, wenn alles andere so risikolos, so brav und bieder geraten ist. Gegen Troisi an sich habe ich nichts, und seine Darstellungen in Scolas Filmen haben mir durchaus gefallen, aber hier übertreibt er für meinen nüchternen Geschmack einfach zu sehr als Simpel mit Dackelblick und dem sympathischen Loserappeal. Je mehr die Geschichte allein von ihm getragen werden soll, desto langweiliger wird sie, vielleicht weil man die ganze zeit auf Pointen von ihm wartet und einfach keine kommen wollen. Um es kurz zu machen ein Film, der ganz offenbar aufs Herz zielt, aber meines weit verfehlt hat. Kann sein, dass ich gar kein Herz habe. (11.12.)