Once were warriors (Die letzte Kriegerin) von Lee Tamahori. Neuseeland, 1994. Rena Owens, Temuera Morrison, Anita Kerr-Bell, Julian Arahanga
Beth und Jake wohnen mitsamt ihrer fünf Kinder in einem Maorislum in Auckland. Jake ist, vor allem unter Alkoholeinfluss, ein übler Schläger, doch Beth liebt ihn trotzdem noch. Die Dinge gehen den Bach runter, als ihr ältester Sohn sich einer Maorigang anschließt und sich von der Familie zunehmend distanziert, und der zweitälteste ins Erziehungsheim gesteckt wird, weil die Behörden nicht den Eindruck haben, dass er bei seiner Familie den nötigen Rückhalt findet. Beth kann nicht zur Verhandlung erscheinen, weil Jake sie besonders schlimm geprügelt hat, und auch der Versuch, den Sohn im Heim zu besuchen, scheitert an Jakes brutalem Egoismus. Als die älteste Tochter von ihrem eigenen Onkel vergewaltigt wird und sich kurze Zeit später erhängt, ist für Beth das Maß voll. Sie greift sich ihre restlichen Kinder und zieht mit ihnen zurück zu ihrer Familie an die Küste.
Keine feinfühlige Ethnostudie, kein subtiles Psychogramm und keine Landschaftspanoramen, die das neuseeländische Fremdenverkehrsinstitut zu Werbezwecken einsetzen könnte. Wer filigranes Filmhandwerk erwartet, sollte zuhause bleiben, denn dieser Film hier kommt roh und direkt zur Sache. Knallig, laut, mit schrillen Gitarren und bunten, filterverfremdeten Bildern und vor allem handfester Gewalt. Es gibt sicherlich Möglichkeiten, eine solche Geschichte komplexer, hintergründiger darzustellen, doch auf ihre gradlinige Art ist diese Erzählweise hier unerhört effektiv, denn von Beginn an wird man als Zuschauer gepackt und bis zum Schluss fest im Griff gehalten, unter Aufbietung aller emotionaler Anteilnahme, woran hauptsächlich das grandiose Spiel aller Darsteller, vor allem der beiden Hauptakteure, schuld ist.
Vieles von dem, was man hier sieht, hatte ich in der Art erwartet, weil ich einfach eine Parallele zur Lage in Australien gezogen habe. Die Ureinwohner leben entwurzelt, verelendet in Slums am Rande der Großstadt, arbeitslos, perspektivlos, dem Alkohol und anderen Drogen ausgeliefert und mehr oder weniger von ihrer kulturellen Stammestradition entfremdet. Bald aber war mir klar, dass Maoris und Aborigines ganz und gar nicht in dieselbe Schublade passen, zumindest nicht, wenn man diesem Film folgt. Denn diese Maoris hier sind Krieger, und zwar harte Krieger, die unablässig ihre Körper trainieren, sich furchterregende Kultzeichen eintätowieren und in ihren Gangs nach wie vor die alten Rituale pflegen. Auch im Erziehungsheim bemüht sich der Lehrer, den Maorijungs ein Gefühl für ihre Geschichte, ihre Identität zu vermitteln, denn eben der Mangel daran ist ein wesentlicher Grund für ihren drohenden Absturz in Kriminalität und dauerhaftes Elend. Die Männer wie Jake pflegen einen fürchterlichen Machokult, der Frauen bedenkenlos unterdrückt, und die haben ihre Lektion längst gelernt: Maul halten und die Beine breit machen. Beth hat diese Devise genauso verinnerlicht wie ihre Freundinnen, und erst als der Leidensdruck unerträglich wird, wagt sie den Aufstand. Wichtig ist dabei auch der familiäre Rückhalt, den sie erfährt, und der deine weitere interessante Komponente zutage fördert: Unter den Maoris scheint es auch gewisse Rangunterschiede zu geben, auf die Jake und Beth im Gespräch mit ihren Kindern kommen: Beths Familie hatte Jake, der von Sklaven abstammt, wie er selbst sagt, als nicht gut genug für die Tochter erachtet, und darunter leidet er noch immer. Vor allem im Streit wirft er ihr stets von neuem Hochmut und Standesdünkel vor, und seine wüste, zügellose Gewalt erscheint nicht zuletzt eine hilflose Geste der Kompensation zu sein.
So bietet der Film trotz seiner echt aufreibenden Handlung und Gestaltung doch einen recht tiefen Einblick in diese Kultur, die kein Stück weniger fremd ist als die der australischen Ureinwohner, die man sich ja allgemein als versponnen, verträumt und eher friedlich vorstellt, während die Maoris teilweise ganz schön düstere gestalten sind. Das weiße Establishment, der Motor der Kolonialisierung und Unterdrückung, greift hier selten in die Handlung ein, höchstens mal in Person öffentlicher Ordnungshüter, die sich aber von den ganz harten Gangs vorsorglich fernhalten. Die Gesetze, die Sozial- und Siedlungspolitik sind es, die für das gesorgt haben, was man hier in aller Deutlichkeit vorgeführt bekommt, und es bedarf wirklich keiner langen Ausführungen, um dieses zu verstehen. Indem gezeigt wird, wie sich die Unterdrückten nun ihrerseits noch gegenseitig unterdrücken und misshandeln, wird klar, wie fatal oft der Kreislauf von Gewalt laufen kann, wenn er nach unten weiter gegeben wird. Frauen und Kinder stehen am Ende der Reihe und kriegen oft die ganze ohnmächtige Wut der Männer ab, und selten wird wohl eine, so wie Beth, die Initiative ergreifen und ausbrechen. Ein Film voller Gefühl und Kraft, der sich mal auf die laute Tour einprägt, ohne dass es mich wirklich gestört hätte. (12.10.)