Laughing Gravy (James Horne, 1931), The live ghost (Charles Rogers, 1934), One good turn (James Horne, 1931), Hog wild (James Parrott, 1931) mit Stan Laurel und Oliver Hardy

   Laurel und Hardy sind noch immer meine Lieblingskomiker, Chaplin hin, Tati her. Sich ihre Filme wieder und wieder anzusehen mindert das Vergnügen nicht, es steigert es im Gegenteil um ein Erhebliches. Denn je besser man mit dieser ganz eigenen, in sich abgeschlossenen Welt der beiden vertraut ist, desto eher und sicherer kann man die Gags vorausahnen, und genau das macht einen großen Teil des Spaßes aus. Denn jetzt weiß man: Wo immer ein Wasserbassin oder auch eine Tonne schön voll mir klirrend kaltem Wasser herumstehen, Hardy wird garantiert in ihnen landen, voraussichtlich auch mehrere Male, und als Zuschauer darf man sich schon im Voraus damit amüsieren, sich die verschiedenen Möglichkeiten bis dahin auszumalen. Jeder Kamin gemauert aus Ziegeln ist eine sichere Sache für Hardy, jede Leiter, jedes Requisit, das irgendwelche potentiellen Gefahren in sich bergen könnte, und je mehr es davon in einem Film gibt, desto besser für uns. Laurel und Hardy waren sich der Publikumserwartung wohl bewusst und haben sich einen besonderen Spaß daraus gemacht, die Gags ab und zu anders zu entwickeln, die Erwartung listig zu täuschen. Sowieso ist der Dialog mit den Zuschauern intensiver als bei jedem anderen Komiker. Hardys lange Blicke in die Kamera, entnervt zumeist, zornig, sprachlos, manchmal auch verschämt, entschuldigend oder zweifelnd, sind eine Show für sich und schon jeden Pfennig Eintrittsgeld wert, ebenso wie Laurels unschuldiges, neutrales Gesicht nach einer von ihm angerichteten Katastrophe. Auch basiert ihre Komik ja längst nicht nur auf reinem Slapstick, sondern immer auch auf ihrem besonderen Verhältnis zueinander, das zahlreiche Variationen und Nuancen erfährt und immer dann reizvoll wird, wenn es vom vertrauten Vater-Kind-Schema abweicht. So bietet „Laughing Gravy“ beispielsweise neben zusammenbrechenden Betten und einer verführerisch platzierten Eiswassertonne auch eine bemerkenswerte Szene, in der Laurel Hardy einen an ihn adressierten Brief nicht lesen lassen will, und der sich daraufhin wie ein eifersüchtiger, beleidigter Ehemann gebärdet und schließlich ein Lied über zerbrochene, enttäuschte Freundschaft anstimmt, um Laurel ein schlechtes Gewissen zu machen. In „One good turn“ verhält sich Hardy ausgesprochen opportunistisch und bezichtigt Laurel sogar eines Diebstahls – zu Unrecht natürlich, und als Hardys Irrtum aktenkundig wird, sieht er sich plötzlich Laurels wilden Wutausbrüchen ausgesetzt und versteckt sich wie ein kleiner Junge in der Garage, während Stan draußen mit der Axt tobt und den Freund auffordert, sofort rauszukommen. Diese ständige Mischung der Stilmittel sorgt dafür, dass die Filme nie langweilig oder eindimensional sind, sondern immer auch überraschende Wendungen beinhalten, wobei man immer wieder die wunderbaren Pantomimen der beiden bewundern, sich aber auch an sprachlichen Feinheiten erfreuen kann, vor allem Hardy moduliert seine Klischeesätze und -worte mit köstlicher Betonung: „Da hast du mich ja wieder in ein schönes Schlamassel gebracht!“, sagt er zum Schluss von „The live ghost“ mit nach hinten verdrehtem Kopf und sorgt für einen schönen Abschluss eines ansonsten eher zähen Films. Von den vieren hier ragen „Hog wild“ und „One good turn“ heraus, zwei Klassiker, der eine, weil er sich rigoros auf eine einzige Situation konzentriert – Hardys verlustreiche und wohl auch vergebliche Versuche, eine Dachantenne zu montieren -, und der andere, weil er eben im psychologischen Bereich etwas komplexer angelegt ist und eine richtige Handlung imitiert – Laurel und Hardy als Opfer der Wirtschaftskrise und ihre Versuche, ein bisschen essen zusammenzubekommen, zumal Laurel den letzten Rest Suppe benutzt, um ein natürlich von ihm entbranntes Zelt zu löschen. Fast immer stehen die beiden am Ende ohne ihre Habe da, werden aus ihrer Wohnung geworfen, verlieren wenigstens ihr Auto, oft die Gnade ihrer Gattinnen, zu denen sie ja auch ein ganz spezielles Verhältnis haben. Die köstliche Eingangssequenz von „Hog wild“ zeigt Hardy bei einer seiner sporadischen Bemühungen, so etwas wie häusliche Autorität zu erlangen, was in der Regel so lange gut geht, bis die zunehmend entnervte Frau die Geduld verliert und den pompösen Gemahl energisch in die Schranken weist. Laurel und Hardy haben gegen die tyrannischen Vertreterinnen des vermeintlich schwachen Geschlechts eine jungenhafte Komplizenschaft entwickelt: Lass uns die Antenne montieren, dann kommen wir umso schneller weg, sagt Hardy zu Laurel, der andererseits oft störender Zaungast der Hardyschen Ehe ist und das ohnehin gespannte Verhältnis Hardys zu seiner Gattin zusätzlich oftmals entscheidend belastet. Die Welt der beiden ist voller kleiner Feinheiten, groben physischen Unfugs zwar auch, aber besonders die dem Alltag nur allzu scharf abgeschauten Dinge verleihen den Slapstickszenen jenen Hintergrund, der sie erst so genussreich macht. Ihre Filme aus ihrer besten zeit bis etwas 1934 sind immer wieder ein Erlebnis. (19.8.)