Nattevagt (Nachtwache) von Ole Bornedal. Dänemark, 1994. Nikolaj Coster Waldau, Sofie Gråbøl, Kim Bodnia, Lotte Andersen

   Martin macht Nachtwache im Leichentrakt der Gerichtsmedizin, und außerdem macht er auch Wetten mit seinem Kumpel Jens, in denen es gilt, die Grenzen des anderen auszutesten. Wer kneift, muss die Freundin ehelichen. Klar, dass die beiden im Laufe dieser Geschichte tatsächlich an ihre Grenzen stoßen werden, aber noch ganz anders, als ihnen lieb sein dürfte. Sie überleben zwar knapp genug, müssen die beiden strahlenden Damen letztlich aber dann doch um Altar führen.

 

   Ein sauberes Stück sadistischen Entertainments, das einen die ganze Zeit über fest im Griff hat und den kurzatmigen Zuschauer dann mit einem fröhlichen Scherz auf die Straße tritt. Die Nachtwachensituation wird zwar nicht so intensiv ausgebeutet, wie ich es erwartet hatte, aber dafür passiert drumherum genug, um zwischen Gelächter, Grusel und Unwohlsein hellwach zu bleiben. Die Wetten der beiden sind ja schon ganz schön herb: Jens muss zwei Schläger in der Kneipe aufmischen, Martin muss sich von einer Nutte mitten im noblen Restaurant bedienen lassen, und Martin fordert Jens ausgerechnet beim ersten Gottesdienst von dessen Freundin (die ist angehende Pfarrerin) heraus, mit dem unschönen Resultat, dass er sich dröhnend ins Weihwasser übergibt. Dies alles ist natürlich läppisch im Vergleich zu dem Alptraum, den der irre Prostituiertenmörder verbreitet, der seine Opfer auch noch skalpiert und schließlich sogar Tote noch vergewaltigt. Martin gerät aufgrund sich häufender Indizien stark unter Verdacht, während wir alle denken, es ist Jens, der seine Phantasie scheinbar nicht ganz im Griff hat und außerdem noch bei besagter Nutte ihre beiden Namen vertauschte. Natürlich kommt es ganz anders, und das finale im Leichenhaus ist schon ganz schön gruselig und spart auch nicht mit rüden Effekten. Eine schon oft gesehene Geschichte: Zwei Burschen wollen sich weit vorwagen, geraten dann aber unfreiwillig in eine Sache, die schlimmer als alle denkbaren Alpträume ist. Der Film ist straff, konzentriert und temporeich erzählt, hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, will auch gar nichts großartig vertiefen, sondern will zwischen finsterem grusle und unorthodoxem Humor ganz einfach gut unterhalten, und genau das kriegt er bestens auf die Reihe. Eine schon von beginn an genüsslich suggestive Kamera bereitet uns auf allerlei Unbill vor, wobei dann die Spannungshöhepunkte immer wieder geschickt hinausgeschoben, mal durch makabre Gags entschärft werden und mal durch eine scheinbare Sinnestäuschung Martins. Die Entlarvung des Töters kommt ein bisschen früh, wie ich finde, aber sie ist wenigstens eine Überraschung, es sei denn, man hat sehr gut aufgepasst, denn am Anfang fällt so ganz nebenbei schon ein entscheidender Hinweis.  Ein starker Spannungsfilm also, zu stark fast, denn man muss sich doch Sorgen machen, dass der gute Ole aus dem verschlafenen Heimatlande flugs nach Hollywood abkommandiert werden könnte, wo Filme dieser Art, nur eben ein bisschen hohler und platter, Hochkonjunktur haben. Dort wäre Ole nur noch einer von vielen, aber wir werden ja sehen, ob ihm das lieber ist, als daheim im Staate Dänemark allein auf weiter Flur zu sein. Oder die blöden Skandinavier kommen endlich mal wieder aus ihren Erdlöchern. An der Zeit wäre das schon lange. (14.2.)