Prêt-à-porter (#) von Robert Altman. USA, 1994. Kim Basinger, Julia Roberts, Tim Robbins, Sophia Loren, Marcello Mastroianni, Lily Taylor, Linda Hunt, Tracy Ullman, Stephen Rea, Anouk Aimée, Rupert Everett, Rossy de Palma, Lauren Bacall, Sally Kellerman, Chiara Mastroianni, Ute Lemper, Forest Whitaker, Danny Aiello, Teri Garr, Jean Rochefort, Michel Blanc, Jean-Pierre Cassell

   Eine schillernde Welt und ein schillernder Film. Eine sehr hohle Welt auch, aber gar kein hohler Film. Altman hat einen Haufen mehr oder weniger bekannter Leute genommen, sie unter die Pariser Modemafia verteilt und um sie herum eine Reihe locker gewobener Geschichten gestrickt, die den ganzen Spaß zusammenhalten sollen. Wer andere Filme dieses Regisseurs und dieser Art kennt, hat mitgekriegt, dass er ein Experte für solche Fälle ist, und genau von dieser Expertise, dieser lässigen Virtuosität zeugt auch sein neuestes Werk, da so locker und ohne jegliche Anstrengung daherkommt, dass über zwei Stunden fast wie im Flug vergehen. Für mich jedenfalls. Zwischen Laufstegen und Hotelzimmern spielen sich viele komische bis urkomische Episoden ab: Leute treffen sich nach vierzig Jahren wieder, andere stoßen frisch und wild aufeinander, wieder andere feilschen um einen begehrten Fotografen, der sich wiederum just diesen Umstand höhnisch zunutze macht. Partnertausch en masse wird betrieben und zwar quer durch sämtliche Präferenzen, Modeschöpfer labern blasiertes zeugt, eine Reporterin stolpert in zunehmender Verwirrung durch das Chaos, ein Modezar verschluckt sich an einem Stück Schinken, was lange Zeit als Mord ausgelegt wird, der mit dem Fall beauftragte Beamte heißt auch noch Tantpis und sein Hund sieht genau so aus, und über all diesem ach so irdischen treiben schweben Eitelkeit, Dummheit, Geldgeilheit und Karrierestreben. Die Welt der Mode eben. Altman würde zu keiner Sekunde darauf kommen, diese Welt und ihre Einwohner etwa ernst zu nehmen, und all jene, die dem Film eine viel zu sanfte, milde Gangart vorgeworfen haben, und unterliegen in diesem Falle meiner Meinung nach einer zu einseitigen Vorstellung davon, wie Satire aussehen sollte. Von Beginn an etablieret Altman einen durchgehend ironischen Ton und hält ihn konsequent bis zum Schluss durch. Alles ist doch ständig irgendwie lächerlich, laufend tritt jemand in Hundescheiße, die verschiedenen Intrigen und Eifersüchteleien und Eitelkeiten, all dies läuft zusammen zu einem spöttischen Panorama. Es fehlen vielleicht die ganz harten Tiefschläge, es fehlt der offenkundig bissige Spott, oder vielleicht auch nur das, was man gewöhnlich darunter versteht, denn hinter den vielen munteren Episoden lauert stets abgründige Ironie. Und schon mehr als einmal wurde bewiesen, dass die wirksamste Satire oft darin besteht, das Vorgefundene einfach schlicht abzufilmen oder sonstwie zu dokumentieren. Indem er sich mit Kamera und Stars mitten in den irrsinnigen Rummel schmeißt, kommt er der Sache selbst am nächsten, rückt er diesem idiotischen Glanz, dieser schwachsinnigen Oberflächlichkeit, dem blöden Exhibitionismus und der unglaublichen Hohlheit all dieser Selbstdarsteller am unmittelbarsten auf den Pelz. Großartige Verzerrungen, rhetorische Überspitzungen oder andere stilistische Mittel sind dabei fast nicht mehr nötig, denn diese Schickeria entlarvt sich praktisch ganz von selbst. Dass Altman auf der anderen Seite mit sichtlichem Spaß auch dem Glamour frönt, macht nur noch eine zusätzlich unterhaltende Note des Films aus. Die schwungvolle Eleganz, das protzende Defilée der Stars, die so massiv auftreten, dass man sie in jeder Szene im halben Dutzend rauspicken kann, der ständige Flirt mit der luxuriösen Fassade der Umgebung, alles wirkt in diesem Falle nicht verräterisch oder kommerziell, sondern amüsiert und höchst attraktiv, wobei die Attraktivität eben darin liegt, dass Altman die Szene mit ihren eigenen Mitteln betrachtet und verulkt, sich ihr scheinbar bewundernd nähert, um dann doch nur Spaß und Spott auszugießen. Am Schluss kommen vielleicht beide Seiten auf ihre Kosten: Altman hat seinen Film mit größtmöglicher Authentizität gedreht, und die eitle Branche glaubt, eine schöne kostenlose Werbung zu bekommen, was angesichts eines so guten Films für mich nicht weiter störend wäre. Mal ausgelassen, mal albern, mal mit Slapstick, mal mit seinen gewohnten rasanten Dialogfetzen, die sich immer überlagern, und mal mit bestechender Realsatire hat Altman wieder bewiesen, dass er in einer ganz eigenen Liga filmt, gerade weil er es nicht mehr jedem rechtmachen, genau das tun will, wozu er Lust hat. Und diese Lust merkt man hier in jeder Szene und sie überträgt sich ungefiltert auf die Zuschauer. Ich habe mich für meinen Teil glänzend amüsiert. Ein vieldeutiger Kommentar zu Modeexzessen und der dahinter steckenden Fleischbeschau kommt ganz am Ende: Statt die Models wie sonst in irgendwelche monströse Scheußlichkeiten zu verpacken, lässt Anouk Aimée sie splitternackt über den Steg laufen. Peinlich für einige Zuschauer, Futter für Schreiber, die auch das noch in zeitgeistmäßige Interpretationen fassen können, und überhaupt ein Statement für sich. (3.4.)