Beyond Rangoon (Rangoon) von John Boorman. USA, 1995. Patricia Arquette, U Aung Ko, Frances McDormand, Spalding Gray

   Solche Filme gucke ich mir eigentlich immer wieder gerne an: Ein westlich zivilisierter Protagonist, mit dem wir uns identifizieren müssen, gerät irgendwo im Südamerika, Südafrika oder Südostasien unversehens in die Wirren politischer Unruhen und muss zu seinem Erstaunen feststellen, dass es doch tatsächlich Länder gibt, in denen andere Vorstellungen von Menschenrechten existieren als zuhause in den Staaten oder sonstwo. Es gibt dann weiterhin ein paar schöne Aufnahmen exotischer Kulissen und Landschaften, wirkungsvoll eingesetzten Terror der Militärs und eine Handvoll tapfer kämpfender Einheimischer, die dem Helden (und damit uns) die Sachlage erstmal erläutern, um dann von diesem natürlich im Grunde überlegenen Helden erst auf den rechten Weg gebracht zu werden. Mit anderen Worten: Kommerzielles Abenteuerkino mit einem Lippenbekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Etwas banal vielleicht, aber es gibt doch Unangenehmeres.

   Boorman hält sich exakt an das Schema, hat zwar diesmal eine Frau, eine amerikanische Ärztin, zur Heldin erwählt, aber alles andere bleibt beim Alten. Als Hintergrund dient diesmal der brutale Terror der linken Militärs in Burma, einem Land, das seit Jahrzehnten eigentlich schon recht abgeschottet vor sich hinvegetiert und wenig Auskünfte über Menschenrechtsverletzungen und Massaker der Regierungstruppen gegen Demonstranten nach außen dringen lässt. Erst die Verleihung des Friedensnobelpreises an die populäre Oppositionsführerin (wie hieß sie doch gleich) hat dem demokratischen Widerstand etwas mehr Publizität verliehen und die Welt auf einen Missstand mehr aufmerksam gemacht. Unsere Ärztin weilt dort unten, um ein Privattrauma, nämlich die Ermordung ihres Gatten und ihres Sohnes, zu überwinden. Hals über Kopf stürzt sie sich in eine nächtliche Demo, kriegt Ärger mit den Behörden, lernt einen Oppositionellen kennen und gerät dann, obwohl sie eigentlich weiter nach Thailand reisen wollte, tiefer und tiefer in die Kämpfe zwischen Regierungs- und Rebellentruppen, an deren Ende eine dramatische Flucht über die Grenze nach Thailand steht und ihr Entschluss, ihre Fähigkeiten als Ärztin fortan in den Dienst der gerechten Sache zu stellen. Der klassische Fall der Politisierung einer naiven Amerikanerin also. Wie können die auf ihre eigenen Leute schießen? fragt sie doch tatsächlich, so, als hätte sie noch nie zuvor von etwas Ähnlichem gehört, und über diese empörende Ungerechtigkeit vergisst sie fast schon ihre eigenen Sorgen, zumal ihr väterlicher Freund, der liebe, gütige Professor ihr mit typisch buddhistischer Weisheit zu verstehen gibt, dass das leben sowieso zumeist Unbill und Trübsal für uns bereithält. Als es dann aber um Leben und Tod geht, ist unsere Heldin Laura plötzlich sehr patent und entschlossen, joggt sportiv durch Dschungel und Unterholz und erweist sich als handfester, mutiger und zupackender als so mancher verzagender, resignierter Ureinwohner.

 

   Der Film ist, gar keine Frage, recht spannend, temporeich und solide gemacht, auch wenn so einige Rückpros aus längst vergangenen Zeiten zu stammen scheinen. Boorman wirft allerdings kaum mehr als seien inszenatorische Routine in die Waagschale, und so kommt mir das Ganze doch recht flach und bieder vor. Die Bilder, die ewigen Sonnenauf- und -untergänge über irgendeinem Fluss und die Kitschmusik von Hans Zimmer verraten einen Kurs, der ganz auf Nummer sicher, auf hundertprozentiges Entertainment mit höchstens einigen politischen Einsprengseln geht. Die psychische Lage Lauras wird kaum vertieft, ihre Motivation, sich so kurzentschlossen mitten ins Geschehen zu stürzen, kann von uns nur erraten werden, in der Richtung vielleicht, dass auch sie mit ihrem Leben abgeschlossen hat und nun den Tod herausfordern will. Patricia Arquette trägt diesem Konzept Rechnung mit einer zweifellos guten Darstellung, die allerdings eher auf physischem gebiet zu überzeugen weiß. Der Film ist ideologisch natürlich auf der richtigen Seite, trägt das noble Anliegen vor, den Krisenherd Burma nun auch international hoffähig zu machen, verlässt sich dabei aber noch bedingungsloser auf das vorgegebene Schema, als ich das erwartet hatte und war deshalb nicht einmal das erwartete, unterhaltsam-abenteuerliche Kinovergnügen, zumal gerade mal anderthalb Stunden auch einfach zu wenig sind für so einen richtigen Exotikschinken. Bei Boorman hatte ich diesmal mit einer positiven Überraschung gerechnet. Sie ist leider ausgeblieben. (18.7.)