Stadtgespräch von Rainer Kaufmann. BRD, 1995. Katja Riemann, Martina Gedeck, August Zirner, Kai Wiesinger
Eine Handvoll Hamburger verheddert sich so gründlich in einem Gefühlsgestrüpp, dass man schon Pfadfinderqualitäten braucht, um durchzufinden. Mit von der Partie sind Radiosprecherinnen, die gerade die Dreißig und damit die Frustgrenze für Singles überschritten haben, Alptraummütter, die das genauso sehen, Traummänner, die per Kontaktanzeige gefunden werden, dann aber doch verheiratet sind, neu gefundene beste Freundinnen, die leider die Ehefrau des besagten Göttermannes sind, schwule Brüder, die sich auch noch in den kultivierten Herren vergucken, und Schwarzwaldklinikgucker, die unter den intellektuellen Ambitionen ihres Liebsten arg zu leiden haben. All dies wird unterlegt durch Schmalzlieder aus allen Jahrzehnten, vor allem der Dean-Martin-Fanclub dürfte auf seine Kosten kommen. Die Auflösung der komplexen Irrungen spielt sich dann auf dem Sender ab, live vor den Ohren all jener Hamburger Autofahrer, die sich allmorgendlich durch den Stau ihrer Stadt quälen und Monikas rasch wechselnde Seelenzustände, mal pro Mann, mal kategorisch emanzipiert, seit längerem miterlebt und bestaunt haben. Danach sind alle eine große Familie, nur der Traummann kommt etwas ungünstig dabei weg und beklagt sein Schicksal, die Nächte nun auf seinen eigenen Behandlungsstühlen (er ist nämlich Zahnarzt) zubringen zu müssen.
Manche Filme machen dann Spaß, wenn man sie erstens in größeren Gruppen erlebt, und wenn man zweitens mitkriegt, dass es den Beteiligten auch Spaß gemacht hat. Beides war diesmal der Fall, und so konnte ich für eine Sneak Preview gut mit der neuesten Katja-Riemann-Komödie aus deutschen Landen leben. Davon gibt es zur Zeit wahrlich mehr als genug, und eigentlich tut man der guten Frau glaube ich keinen Gefallen, sie so sehr auf den Typus der immer leicht neurotischen Großstadtfrau festzulegen. Das kann sie zwar ganz anständig, aber wahrscheinlich kann sie doch wohl noch mehr, oder? Aber in deutschen landen laufen halt momentan flotte, junge, spritzige Beziehungsklamotten am besten, und hier hat man sich offenbar entschlossen, die ultimative Klamotte zu drehen, so sehr ist alles auf Effekt, auf Show, auf Pointe und auf Tempo inszeniert. Glücklicherweise gibt es genug witzige Sprüche, originelle Typen und groteske Komplikationen, dass das Konzept einen Film lang trägt, denn ansonsten wäre wohl lautstarker Leerlauf entstanden. Aber dies ist ein Film, der nichts und niemanden ernst nimmt, am wenigsten sich selbst, und genau das macht seinen großen Unterhaltungswert aus. Katja Riemann überzieht ihre Stammrolle ebenso genüsslich, wie August Zirner seinen ultrakultivierten, sonoren, distinguierten Lover mit dem feinen Lächeln und den tiefblickenden Augen. Alles haarscharf an der Realität vorbei, alles auf die Schippe genommen und alles in ganz lockerem Eiltempo serviert. Ich für meinen Teil habe schon einen Haufen schlechterer Film aus dieser Sparte erlebt. (11.10.)