"Unter der Milchstraße" von Matthias X. Oberg. BRD, 1995. Fabian Busch, Antonio Paradiso, Sophie Rois, Christiane Paul, Detlev Buck

Eigentlich fing alles ganz harmlos an, so stellt jedenfalls auch unser Held fest, und damit hat ganz recht: Jüngling kommt zum Studieren aus der Provinz nach München, läßt sich gleich im Zug von einem Schaffner seine Habe klauen, nimmt, um an Kohle zu kommen, selbst einen Schlafwagenjob bei der Bahn an und erlebt so allerhand merkwürdige Abenteuer. Klingt nach lockerer Komik sponsored by BahnCard, und sieht für einige Zeit auch noch so aus, aber irgendwann gehen dann doch die Irritationen los: Kurze Visionen und bis dahin eher noch grotesk-komische Alpträume ziehen sich unangenehm in die Länge, brechen immer häufiger die Gegenwartshandlung auf und fügen sich letztlich zu einem kaum noch unterscheidbaren Ganzen zusammen. Außerdem muß unser Held eine Menge lernen, und was er da zwischen München, Königsberg, Neapel und Florenz lernt und welche Konsequenzen er ziehen muß, ist nicht schön: Die Kollegen sind korrupte, kriminelle, sadistische, vulgäre Spanner, Dealer, Schleifer oder anderweitig miese Trickser. Die Traumfrau kriegt er nicht, dafür eine andere, die sich aus etwas dubiosen Motiven an ihn ranschmeißt. Der Junge wird reihenweise verarscht, betrogen und verhöhnt, muß sich behaupten, muß letztlich selbst ein Arschloch werden, um überhaupt ein Bein an die Erde zu kriegen. Und so verpfeift er seinen Kumpel am Schluß, strafft sein Outfit, sahnt jede Menge Kohle ab und heuert auf einem Kahn nach nirgendwo an. Kein leicht verdauliches Happy End also, wie sich überhaupt die Lacher im Publikum stetig ausdünnen, weil man doch mitkriegt, daß der anfangs so nette, verschusselte Kerl eine Entwicklung durchmacht, die zwar völlig logisch und zwangsläufig, aber dennoch eben nicht nett ist. Jeder paßt sich halt seiner Umwelt an, und genau so macht er es auch, das ist alles. Filmisch gelingt es Herrn Oberg gut, den immer etwas unwirklichen, traumatischen Aspekt einer derartig ausgedehnten und intensiven Initiationsreise fühlbar zu machen. Eine Vielzahl skurriler, oft sehr witziger Situationen und ebensolcher Typen sorgt für beste Unterhaltung, die dann durch die clever eingestreuten Doppelbödigkeiten und Täuschungen angekratzt wird. Eine psychedelische Komödie auf Schienen und alles in allem nicht gerade ein deutscher Durchschnittsfilm. (1.7.)