"Everyone says I love you" (Alle sagen: I love you) von Woody Allen. USA, 1996. Woody Allen, Julia Roberts, Alan Alda, Goldie Hawn, Edward Norton, Drew Barrymore, Tim Roth, David Ogden Stiers, Natalie Portman, Gaby Hoffmann
Vielleicht hat Woody Allen in seinem soundsovielten Film endlich die ideale Form für seine persönliche Version vom Manhattaner Großstadtmärchen gefunden, nämlich das gute alte Musical à la Broadway. Erzählen tut er eine Familiengeschichte in einigen Verzweigungen, aber eigentlich ist es sowieso immer wieder die gleiche Geschichte, nämlich die von den ewigen Stadtneurotikern und ihren Affärchen und Problemchen, von Familien und Analytikern, von Scheidungen und Begegnungen undsoweiter. Diesmal ist er nur wirklich konsequent dabei und hebt die Grenzen der Realität immer wieder auf durch Gesangs- und Tanznummern, die einerseits eine glänzend nachempfundene Hommage an die klassischen Szenen und andererseits schon wieder ihre Parodie darstellen, witzig, schmissig und sehr charmant. An sozialen Aussagen war er ja noch nie besonders interessiert, also warum sich nicht gleich komplett loslösen vom Erdboden und hinwegschweben wie Goldie Hawn an der Seine gegen Ende des Films, als der schmächtige Woody sie durch die Luft wirbelt und die Gesetze der Erdanziehungskraft kurzerhand ignoriert. Ob in Krankenhäusern, Brautläden oder Einkaufsstraßen, immer wieder unterbrechen spontane Einlagen den Erzählfluß, elegant gefilmt und perfekt choreografiert. Die Liebeserklärung an traumhafte Städte wird ausgeweitet auf Venedig und Paris, eine willkommene Öffnung des Horizontes und natürlich ein Fest fürs Auge. Der Humor ist diesmal durchaus gleichwertig aufs Optische verlagert, was nicht heißen soll, daß die Sätze weniger komisch sind, sondern nur, daß es mehr zu sehen gibt als gewöhnlich. Ein im wahrsten Sinne des Wortes beschwingter Film, dessen Rhythmus sich dem Zuschauer wunderbar mitteilt und sich auf ihn überträgt, und neben dem aktuellen Shakespearefilm das schönste Sommerkino des Jahres. (17.8.)