"Brothers in Trouble" (#) von Udayan Prasad. England, 1996. Om Puri, Pavan Mlahotra, Angeline Ball
Die Geschichte illegaler indischer Einwanderer in der englischen Industriewüste Bradfords der Sechziger. Für die einheimischen Bosse ideales Material: Kein Paß, keine Existenz, keine Rechte. Schieberbanden organisieren den langen Transport in Holzkisten und sahnen den ersten Profit ab. Die Immigranten hausen scharenweise unter primitiven Bedingungen in irgendwelchen abgewrackten Häusern, leben in ständiger Angst vor Verrätern und Polizeispitzeln, letztlich vor der Ausweisung. Wenn es einen erwischt, wird er flugs ersetzt durch einen anderen, denn es kommen immer mehr nach. Der eine tut es nur für sich, will in London zu was kommen, andere tun es für die Familie, die Eltern, andere daheim in Indien. Sie rechnen damit, zwei, drei Jahre zu bleiben, genug Geld zu machen und dann zurückzukehren. Die meisten gehen früher (teils weil sie müssen) oder gar nicht, sondern holen ihre Leute nach England, sobald sie Fuß gefaßt haben. Dieser Film zeigt eine Gruppe von ihnen, wie sie zusammen in einem Haus leben, und ihnen dort widerfährt. Zur Ausbeutung am Arbeitsplatz und der alltäglichen Diskriminierung in der englischen Gesellschaft (beides läuft praktisch als konstanter Hintergrund mit) kommen Probleme, die sie untereinander haben. Sie leben in fast völliger Isolation. Außer an ihrem Arbeitsplatz, im Supermarkt und einem gelegentlichen Kinoausflug haben sie praktisch keinen Kontakt zur Außenwelt. Zum einen geraten die verschiedenen Volksgruppen aneinander, zum anderen entwickeln sich die ganz normalen Gefühle wie Neid, Eifersucht, Konkurrenz, Haß und Liebe in dem besonderen, klaustrophobischen, angstgeladenen Klima zu einem explosiven Gemisch, das sich hier und gewalttätig entlädt. Überraschend und nicht immer ganz befriedigend fand ich die Tatsache, daß sich der Film weitgehend auf die Ereignisse innerhalb des Hauses konzentriert und die Konfrontationen mit dem fremden und zumeist feindlichen England auf schlaglichtartige, dann allerdings höchst präzise Episoden beschränkt. Zwar wird das Miteinander der Männer durch ihre Lebenssituation und ihre kulturelle Herkunft deutlich geprägt (auch im Umgang mit den weißen Frauen, die Zutritt zu dem Haus finden, mal als Prostituierte, mal als Freundin des einen von ihnen), doch hätte ich mir eine stärkere Einbindung in den gesamten sozialen Kontext gewünscht. Auch das sehr optimistisch wirkende Ende, an dem der zuvor schüchterne und eher zum Verlierer geborene Amir plötzlich selbstbewußt und aufrecht in eine offenbar blühende Zukunft blicken darf, ohne daß wir zuvor irgendeinen Hinweis in diese Richtung, oder nachher eine entsprechende Erklärung bekommen. Ein nicht ganz überzeugender Ausklang einer ansonsten sehr dicht und intensiven Erzählung, die Gefühle und Stimmungen zum größten Teil hervorragend umsetzt, getragen von durchgehend guten Darstellern und einem nüchternen, zurückhaltenden Stil, der sich ganz dem Zweck unterordnet und auch ironische Kommentare nur sparsam einsetzt. Trotz einiger Schwächen aber dennoch ein interessantes und einsichtsvolles Kapitel neuerer englischer Einwanderungsgeschichte, konsequent von innen heraus und für die eigenen Leute inszeniert. (14.8.)