"Emma" (#) von Douglas McGrath. England, 1996. Gwyneth Paltrow, Jeremy Northam, Toni Colette, Greta Scacchi, Polli Walker, Sophie Thompson, Juliet Stevenson
So allmählich ist Jane Austen abgegrast und die Herren Filmemacher müssen sich nach einem/einer anderen kassenträchtigen Autoren/-rin des neunzehnten Jahrhunderts oder so umschauen. Vier Romane haben es hinter sich, ungefähr drei fehlen noch, aber ob die nun auch noch vereinnahmt werden, bleibt fraglich, da sie entweder schwer verfilmbar sind oder ganz einfach nicht die Qualität der besten Werke Austens haben. Sicherlich darf man an dieser Stelle auch über den mangelnden Einfallsreichtum der Filmindustrie klagen, die jeden Trend bis zur Neige melkt und lieber ganz auf Nummer sicher geht, sprich gediegene Literaturfilme produziert, als sich in riskante, aber vielleicht auch aufregendere Abenteuer zu stürzen. Ich weiß allerdings nicht, ob ich darüber verstimmt sein soll, solange solch wunderschöne Filme wie "Emma" dabei herauskommen, die zwar wirklich nichts Neues bieten, das Bekannte und Vertraute aber mit soviel Schwung, Grazie und Witz präsentieren, daß man es sich gern einmal mehr gefallen läßt. Die hinlänglich bekannte ländliche englische Gesellschaft steht mal wieder zur Disposition, ihre festen Regeln, Sitten und Gebräuche, ihr Standeswesen und ihre Art und Weise, mit Fragen des Herzens umzugehen. Emma Woodhouse residiert am Rande einer Kleinstadt und nimmt für sich in Anspruch, Ehen gleich reihenweise zu stiften und somit anderen Menschen Glück zu bringen. Um ihr eigenes kümmert sie sich weniger, weil sie glaubt, daß eine alleinstehende Frau ehrenhaft sei, solange sie über ein angemessenes Vermögen verfügt. In Wahrheit geht sie natürlich nur der entscheidenden Frage nach dem richtigen Mann aus dem Weg und lenkt ihre Sorgen und Nöte auf andere ab. Reichlich Verwirrungen und Verirrungen sind nötig, um sie endlich mit dem richtigen zusammenzuführen.
Wie gewohnt wird die gründliche, sehr ruhige Prosa Jane Austens für den Film aufgepeppt, werden Charaktere und Situationen etwas überdeutlich prononciert und auf Komik und Effekt hin getrimmt, worüber der Anglist zu Recht die Nase rümpfen darf. Der Filmkonsument an sich aber wird seinen Spaß haben, denn sobald sich die ersten Schwierigkeiten des Regisseurs mit Rhythmus und Kamera gelegt haben, pendelt sich die ganze Sache auf einem höchst unterhaltsamen und charmanten Niveau ein. Emma Eifer stößt nicht immer auf Verständnis oder Gegenliebe, und gerade die Mißverständnisse und Fehlschläge und ihr beharrliches Herummanövrieren sorgen für Heiterkeit. Ihr Selbstverständnis als eine Frau von Rang und Namen, als Wohltäterin und verantwortungsvolle Gesellschafterin trägt sowohl ärgerlich unsympathische als auch liebevoll komische Züge, so wie Jane Austen es verstanden hat und wie es im Film durchaus angemessen dargestellt ist. Gwyneth Paltrow ist eine wunderbare Besetzung für diese Rolle, und ihre charismatische, sehr gefühlvolle und genaue Darstellung ist ein beständiger und sehr reizvoller Anziehungspunkt, der den Film genau in der Mitte zusammenhält. Drumherum gruppieren sich prächtige Komödianten vor herrlichster englischer Parklandschaft, eine Mischung aus trefflich überzeichnetem Klischee und milder Gesellschaftskritik, alles nicht zu böse, dafür aber im Detail stimmig. Die Inszenierung findet nach den erwähnten Stockungen zu Beginn einen schön musikalischen Rhythmus und erreicht jederzeit das Niveau der anderen Austen-Verfilmungen, die zusammen genommen einen überaus ansehnlichen Kanon bilden, an dem ich bestimmt auch weiterhin meine Freude haben werde. (24.5.)