"Miel et cendres" (Honig und Asche) von Nadia Fares. Tunesien/ Schweiz, 1996. Nozha Khouadra, Amel Ledhili, Samia Mzali
Drei Frauen im heutigen Tunesien, was das für sie bedeutet und wie sie sich damit arrangieren. Die erste entgeht knapp einer Vergewaltigung am Strand, will mit ihrem Freund das tyrannische Elternhaus verlassen, erlebt eine bittere Enttäuschung, weil er vor der dominanten Mutter kneift, verdingt sich als Prostituierte, um ihr Studium zu bezahlen, tötet in Notwehr einen zudringlichen Mann, muß ins Gefängnis, ist aber mit sich im reinen. Die zweite ist Ärztin und halbwegs emanzipiert, opferte in ihrer Jugend aber auch eine große Liebe in Rußland zugunsten der Ehetradition in der Heimat, heiratete den Mann, der ihr zugedacht war und lernte mit diesem Zustand moderat unterdrückter Gefühle zu leben. Ihre Tochter schickt sie auch zur Uni und wünscht ihr, daß sie sich kompromißloser verwirklichen kann. Die dritte lebt mit einem Unidozenten zusammen, der seine liberal-intellektuelle Gesinnung vor der eigenen Haustür ablegt und seine Frau nach althergebrachtem Schema malträtiert, bis sie eines Tages im Krankenhaus landet und den Entschluß faßt, ihn nun doch endlich zu verlassen.
Der ganz normale Alltag auch noch in den Neunzigern, wie es also scheint. Männerdominanz, Männergewalt, Männerwillkür, Traditionen, Regeln, festgefahrene Rollen, wohin man sieht. Die versuchte Auflehnung der jüngeren Frauen wird oft genug durch die Rigidität ihrer Eltern oder aber Schwäche ihrer Partner verhindert, die ihrerseits in Strukturen gefangen sind und ihnen nicht zu entkommen vermögen. Je nach Temperament rennen sie mit dem Kopf gegen Wände, oder wägen ab und entscheiden sich für den Weg des geringeren Widerstands mit einer größeren Möglichkeit auf innere Freiräume. Egal wie, frei und wirklich selbstbestimmt sind sie niemals, und daran erinnern die drei Episoden, die ganz geschickt ineinander verschränkt sind, ständig. Der Film beeindruckt durch die Kraft seiner Aussage, die trotz oftmals gezügelter Emotionen voll durchkommt, weil die Geschichten einfach für sich sprechen und keiner besonderen Dramatisierung bedürfen. Atmosphärisch höchst intensiv, überaus überzeugend im Einfangen von Milieus und Stimmungen, fängt er ein Stück arabischer Lebenskultur ein, ein Stück sozialer Realität, die absolut nicht in Extremen angesiedelt ist, sondern betont im Alltäglichen. Für uns so etwas wie die engagierte Ausgestaltung eines eher schemenhaften Bildes, das sich ansonsten aus bruchstückhaften Meldungen in Rundfunk und Presse zusammensetzt, und dringend nachfühlbarer Konkretisierungen wie dieser hier bedarf. (25.8.)