"Les affinités électives" (Wahlverwandtschaften) von Paolo und Vittorio Taviani. Frankreich/Italien, 1996. Isabelle Huppert, Jean-Hugues Anglade, Fabrizio Bentivoglio, Marie Gillain

Einiges über die Chemie der Gefühle und die Geometrie der Liebe, frei nach unser aller Goethen, diesmal verlegt in die schöne Toskana. Ein Paar lädt sich zunächst einen Freund, dann eine Freundin auf den Landsitz ein, und schon schwirren die Herzen auf Abwegen, ganz wie es prophezeit worden war. Ein Kind wird geboren und stirbt, einer der Herren zieht in irgendeinen Krieg, der gottlob irgendwo stattfindet, und am Schluß werden die unglücklich Liebenden auf der Totenbahre davongeschleppt, was aber nicht bedeutet, daß die beiden Überlebenden nun zueinander finden.

Ein braves, gediegenes Stückchen Literaturfilm, der mir nicht recht erklären konnte, weshalb wir ihn heute brauchen könnten. Alles schon mal gesehen, die gepflegte, gekonnte Bildgestaltung, das Streichquartett, die leuchtenden Farben der italienischen Vorzeigegegend undsoweiter. Die Schauspieler, soweit mir bekannt, waren in anderen Filmen schon besser (Huppert und Anglade zumal),

 

und der ganze Erzählton wirkt seltsam unbeteiligt und matt. Ironie fehlt, echte Dramatik ebenso, und von Einfühlsamkeit oder Intimität kann gleichfalls nicht die Rede sein. Die mögliche Spannung der Konstellation wird von einer enttäuschend kraftlosen Regie verspielt, und so wird uns nichts als eine durch und durch konventionelle, und im Verlauf zudem vorhersehbare Kunstanstrengung hinterlassen, die umso verzichtbarer ist, da es in ihrer Art in den letzten Jahre Dutzende gegeben hat. Nur in der allerletzten Szene deuten die Tavianis an, zu welch starkem, archaischem Kino sie einst fähig waren, aber da hat man natürlich längst abgeschaltet und fragt sich, ob dieser Moment jäh ausbrechender Emotion überhaupt in diesen Film gehört. Er bleibt zwar deutlich unter zwei Stunden, was ja nicht allen Werken dieser Kategorie gelingt, aber leider hat ihn das auch nicht besser, ausdrucks- oder sonstwie gehaltvoller gemacht. (10.2.)