"Chinese Box" (#) von Wayne Wang. Hongkong, 1997. Jeremy Irons, Gong Li, Maggie Cheung, Ruben Blades
Hongkong im Jahre der Übergabe an die Chinesen. Ein britischer Journalist hat Leukämie, liebt eine Chinesin, ohne ihr wirklich nahe zu kommen, interviewt eine andere junge Frau, erfährt einiges über ihr Leben und stirbt am Ende inmitten des Jubelrausches. Der Europäer schwindet also mit seinem Empire dahin, während die Asiaten in eine ungewisse, aber produktive Zukunft blicken. Eine symbolträchtige, aber nicht sonderlich überzeugende Verknüpfung zweier an sich völlig verschiedener Filme. Die Liebesgeschichte einerseits ist blaß, konturlos und hat mich insgesamt kaum interessiert. Drehbuchroutinier Carrière liefert Uninspiriertes ab, die Menschen und ihre Schicksale bewegen mich wenig, auch wenn die Schauspieler bemerkenswert präsent sind. Wang benutzt andererseits die rastlosen Streifzüge seiner Figuren durch Hongkong, um sein Bild von der Stadt und ihren Umbruchsprozessen zu vermitteln, und das gelingt ihm sehr direkt und eindrücklich. Unentwegt rast die Kamera durch die Straßen, durch U-Bahnen, über Märkte, durch Läden, tummelt sich inmitten der wilden Geschäftigkeit einer Stadt, die kühle Modernität und das Verhaften an traditionellen Lebensformen verbindet. Die Zukunftsperspektiven werden durch diesen Konflikt skeptisch und zurückhaltend betrachtet. Keine Chance jedenfalls haben die Europäer mitsamt ihrem überholt nostalgisch verklärten Blick auf die Stadt, ihrer Melancholie angesichts des Abschieds. Was zählt, ist der pragmatische Blick nach vorn, und da werden andere an erster Stelle stehen. Es wird darum gehen, die Vergangenheit zu überwinden und eine neue, eigene Überlebensstrategie zu finden, so wie es hier vornehmlich die Frauen schaffen, wohingegen die Männer, obgleich erklärte Profis, ihren irrigen Visionen nachjagen. Dieser fast dokumentarische Aspekt ist eindeutig der spannendere an einem Film, der seine beiden Teile nicht recht unter einen Hut bekommen will. (14.7.)