"De Jurk" (Das geheimnisvolle Kleid) von Alex van Warmerdam. Holland, 1997. Henri Garcin, Ariane Schluter, Alex van Warmerdam, Ricky Koole

Ein einfaches, blaues, geblättertes Sommerkleid wird episodisch zum Anlaß für allerlei Aufregung und mehr oder weniger kuriose Geschichten. Schon in seiner Entstehung, das heißt im Entwurf und in der Durchsetzung dieses Entwurfs in der zuständigen Firma, sorgt es für handfeste Zerwürfnisse und schicksalsträchtige Entwicklungen. Die diversen Frauen, die im Lauf der Zeit auf unterschiedlichste Weise in seinen Besitz kommen, sehen sich ihrerseits unversehens mit massiven Ausbrüchen männlicher Begierden konfrontiert, so als stachele das Blättermuster geradezu animalische Gelüste an, derer sich die verfolgten Damen dann mit aller Kraft und oft genug nur knapper Not erwehren können. So entsteht ein wilder Reigen, abwechselnd komisch und tragisch, der am Schluß im sozialen Abseits, sprich einem notdürftigen Erdloch versinkt. Das Kleid, das im Lauf seiner Geschichte eh immer kürzer wurde, ist zu einem kleinen Stofffetzen mutiert, der schließlich unter einen Rasenmäher kommt. Das kurze, bündige Ende eines bewegten Lebens. Ein sehr holländischer, sehr skurriler Film, der sich aber zum Glück nicht mit netten Skurrilitäten zufrieden gibt, sondern durchaus bissig-scharfe Bemerkungen zum ewigen Kampf der Geschlechter zu bieten hat. Die ungelenkte Gier des Zugschaffners etwa, der sich einfach nimmt, was er begehrt, oder der Busfahrer, der seinerseits die Not der verstörten Frau ausnutzen will, sind keine besonders schmeichelhaften Beispiele männlicher Galanterie. Wie ernst man dies nehmen muß, sollte jeder für sich entscheiden. Außer Frage steht die optische Delikatesse des Films mit seinen schönen niederländischen Landmotiven und die leichte Eleganz, mit der von einer Episode zur nächsten übergeleitet wird. Alles in allem war ich doch sehr positiv überrascht, zumal mich die Erinnerung an einige trübe Kinoabende mit Jos Stelling mit Vorbehalten versorgt hatte. (8.12.)