"Ta'm e guilass" (Der Geschmack der Kirsche) von Abbas Kiarostami. Iran, 1997. Homayoun Ershadi, Abdolhossein Bagheri, Afshin Bakthiari
Ein Mann hat sich eine Grube ausgehoben und sucht nun in einer Industrieödnis außerhalb Teherans nach dem, der sie über ihm zuschaufelt. Er stößt allerdings abwechselnd auf Aggression, Unverständnis oder auf einen alten Herrn, der ihn über die Freuden des Lebens belehrt, unter anderem über den Geschmack der Kirschen, der ihn, den Alten selbst, einst vom Freitod abhielt.
Ob dieser Film allerdings dasselbe zustande brächte, ist mehr als fraglich, denn nach anderthalb mühsam durchwachten Stunden blieb für mich die ernüchternde Erkenntnis, daß ein Film noch lange nicht gut sein muß, nur weil er aus einem Filmentwicklungsland kommt und (aus mir völlig unerfindlichen Gründen) in Cannes den Hauptpreis abgeräumt hat. Was war letztes Jahr bloß los da? Gab es sonst nur Filme von Roland Emmerich zu sehen? Oder war die Kirsche der einzige Beitrag des Wettbewerbs? Wie dem auch sei: Kiarostami zeigt zwar eindrucksvoll schöne Bilder, doch drumherum tut sich nichts, rein gar nichts. Es hilft mir persönlich wenig, daß ab und zu mal das Stichwort Afghanistan auftaucht, oder ich nachher lese, daß Selbstmord gerade im Islam ein tabuisiertes Thema ist. Was solls, wenn der Film sowieso nichts daraus macht? Stattdessen sieht man ständig ein Auto durch Schotter und Sand kurven und dazu Männer entnervend kreisende Gespräche führen. Erst quetscht der Selbstmordaspirant seine zunehmend ungeduldigen Mitmenschen aus, bevor der Alte dann (urplötzlich wie mir schien, oder habe ich da was verschlafen?) aufkreuzt und nun seinerseits den tristen Typen vollblubbert. Der liegt am Schluß in der Grube und scheint seinen Beschluß noch einmal zu überdenken. Danach gibts noch eine häßliche und zusammenhanglose Kurzdokumentation über Dreharbeiten (aber welche?), deren Sinn ich nicht mehr herzustellen vermochte, und wenn man dann auf die Straße tritt, hat auch der hoffnungsvollste Ethnojünger kapiert, daß preisgekrönte und international renommierte Exoten ebensogut pseudotiefsinnige Langeweile erzeugen können, wie alle etablierten auch. Von dieser Sorte gab's bloß dieses Jahr schon ein paar zuviel. (24.9.)