"I want you" (#) von Michael Winterbottom. England, 1998. Rachel Weisz, Alessandro Nivola, Luka Petrusic, Labina Mitevska

Ein Mann kommt nach längerem Gefängnisaufenthalt zurück in seine kleine öde Stadt am Meer, stellt erneut dem Girl seiner Träume nach und stirbt schließlich daran.

Das ist aber nur eine der Geschichten, die sich in dem tristen Kaff zutragen, die sich um eine Handvoll miteinander verwobener Gestalten drehen, die wiederum alle auf der Suche nach Liebe, Nähe oder sonstwas sind. Es geht um elementare ebenso wie extreme Gefühle, um Sex in allerlei Varianten, Liebe und Gewalt, Verlangen, Angst, Einsamkeit und die zahlreichen Schatten der Vergangenheit. Ein Junge, seit dem Tod seiner Eltern verstummt, nimmt seine Umwelt vor allem per Mikrophon wahr und bringt mehrere Mitmenschen in peinliche Situationen. Er verliebt sich in Helen, dem erwähnten Traumgirl des jähzornigen, gewalttätigen Martin, der mit voller Wucht in die morbide Kleinstadtidylle platzt, gleich mal ein paar Leute zusammenschlägt und Helen eher bedrohlich als begehrlich verfolgt. Der Junge wohnt zusammen mit seiner Schwester (man spricht irgendeine slawische Fremdsprache), die in einer Band herb-sehnsuchtsvolle Lieder vorträgt und es ansonsten jede Nacht mit einem anderen Mann treibt, unter anderem natürlich auch mit Martin. Und so verquicken sich die Biographien zu einem komplizierten und bei soviel Schicksal natürlich fatalen Fortgang.

 

Winterbottom hat den Film künstlerisch eindrucksvoll gestaltet - Slawomir Idziaks lyrisch-expressive Farbverfremdungen (die natürlich sofort an Kieslowskis Meisterwerk über die zwei Veronikas erinnern), die schöne Costello-Ballade und die sehr ausdrucksstarken Schauspieler, sorgen einerseits für einen kraftvollen, mitreißenden, auch erotischen Film, in dem allerdings andererseits für meinen Geschmack ein paar Fragen zuviel offen bleiben, bzw ein paar Themen zuviel nur am Rande gestreift werden. Vieles an den Personen und ihren Lebensumständen bleibt unklar oder vage, und gerade in einem Nest wie dem im Film, das als Milieu auch nicht gerade sehr präzise dargestellt wird, wirken diese schillernd-düsteren Menschen irgendwie künstlich plaziert, zumal in dieser Massierung. Es ging sicherlich mehr um die Wucht der Gefühle und der Effekte als um die letzte Glaubwürdigkeit, und meistens überspielt Winterbottom diese Schwäche auch ganz gut, aber eben nicht immer. Nach 'Butterfly Kiss' aber doch der zweite und kaum weniger gelungene Bericht aus einer wahrhaft wilden Welt. (1.10.)