"Marius et Jeannette" (#) von Robert Guédiguian. Ariane
Ascaride, Gérard Meylan, Pascale Roberts, Jacques Boudet
Die Geschichte von Jeannette, Kassiererin, allein lebend, zwei Kinder,
und Marius, Nachtwächter, allein lebend, zwei tote Kinder. Man lebt in Marseille, dort wo die Leute arm und oft arbeitslos sind und links wählen und sich an die Deportationen von einst erinnern
und wehe, es kommt ihnen einer mit Front National. Man trinkt und ißt gern und schwärmt natürlich für Fußball. Es geht laut und heftig zu, mit viel Gefühl undsoweiter. Jeannette will zwei Eimer
Farbe klauen, Marius verhindert das zunächst, rückt dann aber später selbst mit der Farbe an und streicht auch noch ihre Wohnung. Am Ende lieben sich die beiden, logisch. Es geht hier nicht ums
große Drama, sondern um ganz normale Gefühle ganz normaler Menschen in einer Stadt, deren Schokoladenseiten wir garantiert nicht zu sehen bekommen. Dafür bekommen wir meterweise liebevolle
Milieu- und Charakterstudien, ein fast anachronistisches, ganz echtes Arbeiterpathos, bekommen große und kleine Emotionen, warmherzigen Humor und einen sehr direkten, klaren und schönen
Erzählstil, alles untermalt von gelbstichigen Bildern und schmelzenden Operngesängen. Ein toller Film für alle, die mal wieder ganz weit abrücken wollen vom Einheitsbrei made in Hollywood, von
nivellierter Kitschästhetik und falsch aufgepumptem Gefühlsbrei. All das gibt es hier nicht und deshalb kann man den Film lieben. (29.1.)