"Stella does tricks" (#) von Coky Giedroyc. England, 1996. Kelly MacDonald, James Bolan, Hans Matheson, Ewan Stewart, Joyce Henderson

Stella ist fünfzehn oder sechszehn, kommt aus Glasgow und lebt und arbeitet nun in London. Sie arbeitet für einen freundlichen alten Herren, den sie ab und zu im Park auf einer Bank trifft, wo sie ihm beispielsweise unter einer aufgeschlagenen Zeitung einen runterholt. Stella ist nämlich Nutte. Als sie die Brutalität und Kälte der Szene nicht mehr aushält, will sie ausbrechen, muß jedoch erfahren, wie schwer das ist. Sie trifft Eddie, der nett ist, aber leider auch ein Junkie, weshalb er gerade nicht das sein kann, was Stella am nötigsten braucht, nämlich jemand, auf den sie sich absolut verlassen kann.

 

Ein gradliniger, bitterer, harter Film über eine moderne Form des Geschlechterkampfes. Stella kämpft unentwegt gegen die Männerwelt, so wie sie sich ihr präsentiert: Geile alte Säcke, brutale Zuhälter, rücksichtslose Junkies und ein Vater, mit dem sie sich in Träumen und Erinnerungen pausenlos auseinandersetzt: Der geliebte und bewunderte Vater, der Abenteurer und Kumpel, und der gemeine Vergewaltiger, der die Mädchenwelt seiner kleinen Tochter grausam zerstört hat. Sie wird sich an ihm rächen, so wie sie auch mit ihrem Zuhälter und einigen anderen abrechnet, doch den Sprung in eine andere, bürgerliche Existenz wird sie doch nicht schaffen. Ineinander verschachtelte Sequenzen aus Traum und Realität präsentieren eine fatale Mischung aus Bedrohung, Gewalt, Angst, Schuldgefühlen und verzweifeltem Aufbegehren. Nichts wird beschönigt oder unnötig dramatisiert, ein fast sachlich darstellender, präzise charakterisierender und weitgehend humorfreier Ton (wo auch wäre hier Humor angebracht) sorgt für eine durch und durch überzeugende, bewegende Wirkung. Das Milieu ist hermetisch, ein Ausbruch scheint fast nicht möglich, denn wohin sie auch geht, stets holen sie die Gespenster der Vergangenheit wieder ein, oder Stella sucht sie selbst auf, um sich gleichermaßen von ihnen zu befreien. Ihre Biographie ist völlig von Männergewalt geprägt, und am Schluß, da sie von Tabletten betäubt dahindämmert, darf man annehmen, daß sie sich nicht davon wird lösen können. Die Schattenseite dessen, was in 'Trainspotting' mit soviel mißverständlichem Schmiß erzählt wird. Ein sehr ernster, düsterer, beklemmender Film, der die englische Kinolandschaft um eine wichtige und in jüngster Zeit auch recht selten gewordene Komponente ergänzt. (16.2.)