"Aprilkinder" von Yüksel Yavuz. BRD, 1998. Erdal Yildiz, Bülent Esrüngün, Senem Tepe

Eine kurdische Familie in Hamburg. Die Eltern sind noch ganz den heimischen Traditionen verhaftet. Der älteste Sohn, Cem, arbeitet im Schlachthof und soll nach guter Sitte ein Mädchen aus dem Dorf daheim heiraten, das zum verabredeten Termin eingeflogen werden soll. Der jüngere Bruder verkehrt in türkischen Gangs auf dem Kiez, schiebt Drogen und mischt in größeren und kleineren Geschäften mit. Die kleine Schwester pubertiert gerade und verliebt sich in einen türkischen Jungen. Cem kriegt Probleme, als er sich in eine deutsche Prostituierte verliebt und sich nun zwischen einem selbstbestimmten Leben und der Familienehre entscheiden muß. Er wählt letzteres, aber glücklich wird er damit nicht sein.

Eine ganz einfache, ganz unscheinbar dargebotene Geschichte und dennoch ein sehr wichtiger und guter deutscher Film. Er erzählt vom Leben türkischer Menschen in Deutschland, vom Leben in ihrem jeweiligen Milieu, ihrem Umfeld, in einem fremden Land, von denen, die ihre Traditionen bewahren wollen, weil sie alles sind, was ihnen geblieben ist, und von denen, die wie die Deutschen leben möchten, modern, frei, und die lieben möchten, wen sie wollen und nicht wen ihre Eltern auserkoren haben. Vom Leben auf den Straßen und in den Fabriken ist auch die Rede, von den abendlichen Kneipen, den Regeln der Cliquen, dem alltäglichen Rassismus uns auch der alltäglichen Kriminalität. Vieles ist alltäglich hier, ganz realistisch, überhaupt nichts wirkt aufgebauscht, aufgesetzt, forciert, und hierin liegt die Stärke des Films, in der Zurückhaltung der Regie und der Darsteller, die kein großes Drama vorstellen wollen, sondern nur "kleine" Lebensgeschichten, wie sie jedem der Landsleute so oder so ähnlich widerfahren könnten. Es steckt darin das Vertrauen, daß die Gesichter, ihre Sprache, ihr Miteinander, ihre Gesetze und Rituale, ihre Konflikte und unterdrückte Kämpfe, für sich sprechen und keines Vermittlers bedürfen. Das ist richtig so und es ist vorzüglich gelungen und könnte auch noch, wenn denn ein paar Leute mehr hinschauen würden, eine weitere Brücke sein zwischen Deutschen und Kurden, oder auch anderen ausländischen Mitmenschen. (13.4.)