"Cookie's Fortune" (#) von Robert Altman. USA, 1998. Glenn Close, Charles S. Dutton, Julianne Moore, Liv Tyler, Chris O'Donnell, Patricia Neal, Ned Beatty, Lyle Lovett

Als die alte Cookie sich eines schönen Tages eine Kugel durchs Hirn schießt, um endlich ihrem geliebten Gatten in den Himmel zu folgen, ahnt sie natürlich nicht, welch unvorhersehbare Lawine von Geschehnissen sie damit losgetreten hat. Es geht damit los, daß ihre beiden Nichten auf den Plan treten und sich alle Mühe geben, den Selbstmord wie einen Raubmord aussehen zu lassen. Denn: In unserer Familie begeht man keinen Selbstmord! Als urplötzlich Cookies Hausgehilfe und bester Freund Willy der Tat verdächtigt wird, ist der Strom kaum noch aufzuhalten, und zu guter Letzt wendet sich alles gegen die Intrigantin selbst.

 

Es beginnt wie eine zwanzigminütige, verschlafene und verschleppte Südstaatenballade mit träger Slidegitarre, einem sonnigen kleinen Kaff, das zuletzt im Bürgerkrieg eine Nebenrolle gespielt hat, und eine einigermaßen normal exzentrischen Bevölkerung, die sich mit Fischen, Vögeln und Theaterspielen die Zeit vertreibt. Cookie und Willie leben ein Leben fast jenseits der Gegenwart, versunken in melancholische Erinnerungen und hingegeben an ihr zärtliches, intuitives Miteinander. Ihre Langsamkeit, Behutsamkeit und Altersträgheit prägt den Auftakt des Films, der es ganz und gar nicht eilig hat, endlich mal mit was Zählbarem rüberzukommen, und kurz bevor man als Zuschauer so ein wenig die Geduld verliert und sich auch an schönen Bildern und schöner Musik allein nicht mehr erfreuen mag, zieht Altman der alte Stratege die Schraube fester und zeigt, daß er auch mit fast fünfundsiebzig jederzeit souveräner und brillanter erzählen und unterhalten kann, als die meisten anderen Pisser, die sich in Hollywood rumtummeln. Es entwickelt sich eine Kriminalgroteske, die urkomisch ist, voller running gags, verrückter Einzelheiten und haarsträubender Verwicklungen. Natürlich ist dies über allem eine spöttische Liebeserklärung an den alten Süden, wie ihn die Amerikaner gern noch hätten, wo man Schnaps klaut, ihn am anderen Tag gleich neu kauft, wo man höflich zu den Ladies ist, wo man Oscar Wilde auf die Bühne bringt (wenn auch in abgeänderter Fassung), wo man tagelang am stillen Wasser sitzt und die Rute reinhält, wo man im Knast lieber Scrabble spielt und wo man auf gelbe Polizeibänder nichts gibt. Liebenswert verschrobene Hinterwäldler prägen die Szenerie, der Blues ist sowieso präsent, und aufregen tut man sich nie mehr als nötig. Ein unwahrscheinlich entspannter, lockerer, gekonnter Film, der sympathischerweise nicht ganz so laut auftrumpft, wie etwa "The Player", sondern der verschmitzt und kichernd eine lustige kleine Geschichte erzählt, sich an makabren Witzen freut und daran, daß er ansonsten von keinerlei Ambitionen belastet ist. Selten sah man in letzter Zeit einen so unverkrampften und schönen Film aus den USA. (12.9.)