"Mein liebster Feind" von Werner Herzog. BRD, 1999.

Werner Herzog über Klaus Kinski. Er besucht alte Drehorte in Peru, spricht mit Eva Mattes, Claudia Cardinale, indianischen Statisten und erinnert sich vor allem selbst. An die Dreharbeiten zu insgesamt fünf gemeinsamen Filmen, von denen die vier ersten nach wie vor zum besten gehören, was im Nachkriegsdeutschland bis heute produziert worden ist. Der Film ist kritische Liebeserklärung und Selbstdarstellung zugleich, denn bei allem, was Herzog - wohl berechtigterweise - über den Egomanen Kinski zu erzählen weiß, wird man als geneigter und sympathisierender Zuschauer (so wie ich) nie vergessen, daß er selbst auch nicht ganz ohne ist und dementsprechend einige der hier vorgetragenen Geschichten mit gewisser Vorsicht zu genießen sind, ganz gleich wie amüsant sie sich nun anhören. Aber zweifellos wird hier ein Monstrum porträtiert, ein genialer Schauspieler, ein verrückter Choleriker, ein kindisch eitler Poseur, ein empfindsamer Künstler, ein treuer Freund und ein unberechenbarer Paranoiker. Herzog bewahrt durchgehend einen ruhigen, sanften, freundlichen Ton, berichtet zwar durchaus subjektiv und deutlich wertend, läßt hinter allem aber stets seine Gefühle für Kinski durchscheinen, die zwischen Zärtlichkeit und Haß, zwischen Verzweiflung und tiefer Verbundenheit schwanken. Und wenn er jetzt aus großer Distanz und mit einiger Überlegenheit zurückblickt, kann er dennoch nicht verbergen, wie aufreibend und an jegliche Grenzen gehend die gemeinsamen Erfahrungen mit Kinski für ihn waren, wobei ich nicht mal die Exzesse am interessantesten finde, sondern viel eher das, was diese beiden Exzentriker trotz allem aneinander hatten, was sie dazu brachte, wider alle Vernunft ihre Egos immer wieder, fünf Mal, aufeinander prallen zu lassen, jedes Mal von neuem mit gehörigem Risiko für Leib und Leben. Dieser Bereitschaft verdanken wir vier großartige Filme und nun diese Nachlese, einen ebenso warmherzigen wie tiefsinnigen und einfach schönen Film eines Regisseurs, der eigentlich seit "Fitzcarraldo" nichts Weltbewegendes mehr geschaffen hat und sich nun auf jenen Geist besinnt, der ihn nicht loslassen will. Mit dem Ergebnis, daß es endlich mal wieder einen schönen, durch und durch sehenswerten und nicht irgendwie spinnerten Werner-Herzog-Film gibt. Bezeichnend ist dabei durchaus, daß es ohne den Kinski auch acht Jahre nach seinem Tod nicht zu gehen scheint. Mal sehen, ob Herzog diese Vergangenheit doch überwinden und zu einer neuen Identität als Regisseur finden kann. (8.12.)