"Meschugge" von Dani Levy. BRD/Schweiz/USA, 1998. Maria Schrader, Dani Levy, David Strathairn, Nicole Heesters, Lucas Amman
Ein deutsch-jüdisches Drama zwischen 1941 und heute, zwischen New York und Niedersachsen, zwischen zwei Familien, die durch Krieg und Deportation schicksalhaft verschlungen wurden und nun jäh und gewaltsam wieder miteinander konfrontiert werden. Ein jüdisches Mädchen wird ins sichere Amerika verschifft, mit dem Paß ihrer arischen Freundin. Deren Vater, ein gefürchteter KZ-Mörder aus Treblinka, benutzt die Identität der jüdischen Familie, um sich nach dem Krieg in aller Ehe eine angesehene und wohlhabende Position zu sichern. Erst die Enkel, die sich in New York kennen und lieben lernen, können die rätselhafte Vergangenheit aufarbeiten.
Ein sicherlich sehr untypischer deutscher Film, der sehr viel Mut zu Extremen und Emotionen beweist und von dem hervorragenden Engagement seiner beiden Hauptdarsteller lebt, die gleichzeitig auch das Drehbruch verfaßt haben. Vor allem die New Yorker Sequenzen bestechen durch Spannung, Vitalität und brillante Montagen. Sie fangen das jüdische Leben dort plastisch ein, zeichnen liebevoll Charaktere, Familienleben und Bräuche, ohne dabei die eigentliche Geschichte aus den Augen zu verlieren. Im Gegenteil, es geht rasant vorwärts, unentwegt in peitschend schnellem Rhythmus, mit schwindelerregenden Bildern, furiosen Schnitten und lebhafter Musikuntermalung. Und manchmal wünscht man sich dann schon, daß das Ganze zwischendrin mal zur Ruhe kommt, uns eine Pause gönnt, in der wir das Gesehene und Gehörte verarbeiten und noch tiefer in die verheißungsvoll geschilderte Atmosphäre eintauchen können. Aber nein, die beiden eilen weiter von einem Höhepunkt zum nächsten, und wenn es dann nach Deutschland geht, wird die Erzählung doch arg verkürzt und kommt zu einem zu raschen Ende, das viele Fäden in der Luft hängen läßt, wo wir doch mehr Erklärungen, Hintergründe und Aussprachen erhofft hatten. Ich weiß nicht genau, weshalb Levy und Schrader hier nicht etwas sorgsamer und gründlicher verfahren sind. An ihrem persönlichen Einsatz, den sie voll und ganz in das Projekt eingebracht haben, gibt es nichts zu rütteln, auch nicht daran, daß sie einen bemerkenswerten und spannenden Film gemacht haben. Doch gerade weil die Geschichte an sich so faszinierend und vielversprechend ist, weil die Schauplätze an sich so viel hergeben und weil die beiden Hauptfiguren so stark sind, habe ich schließlich doch den Eindruck, daß die beiden ihre Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft haben. Sehr schade, denn dies hätte leicht einer der besten deutschen Filme der letzten zehn Jahre werden können. So ist es (nur) einer der unterhaltsamsten geworden. (24.3.)