"Mifunes sidste sang" (Mifune) von Sören Kragh-Jacobsen. Dänemark, 1999. Iben Hjejle, Anders Wodskou Berthselsen, Jasper Asholt, Emil Tarding, Anders Hove, Sofie Grabol
Kresten hat sich, so scheint's, fett ins Nest gesetzt: Ne schicke Braut geheiratet und bei Schwiegerpappi in der Firma ganz dick drin. Doch dann erreicht ihn aus Lolland die Nachricht, daß sein Vater gestorben ist. Er will für zwei Tage hin, um alles zu regeln und vor allem den geistig behinderten Bruder Rud in einer Anstalt unterzubringen. Alles kommt natürlich anders - zuerst stürzt alles ein, doch am Ende entsteht auch wieder Neues, und wahrscheinlich Besseres.
Eine wunderschöne, ländliche Ballade, die ständig ins Tragisch-Brutale zu kippen droht, doch immer wieder rechtzeitig die Kurve ins Komödiantische kriegt und ein idyllisches Happy End à la Kommune auf dem Bauernhof vorzeigt. Parallel zu Krestens Geschichte, die zuviel Lügen und Geheimnisse und schließlich eine gepfefferte Szene der zickigen Gattin enthält, verfolgen wir Livas Weg, die auch einen Problembruder hat und für seinen und ihren Unterhalt als Edelnutte reichen Herren die Peitsche gibt. Sie flieht vor einem anonymen Anrufer, gibt sich als Haushälterin aus und kommt bei Kresten und Rud unter, wo sich alsbald eine Liebe zwischen ihr und Kresten anbahnt. Rüde Landeier aus der Nachbarschaft und Livas rachsüchtige Kolleginnen aus der Hauptstadt sorgen für schlagkräftige Schrecksekunden, bevor dann doch alles gut wird. Verglichen mit den anderen beiden Dogmafilmen ist dieser hier der ruhigste, heiterste und visuell bei weitem schönste. Die wogenden Kornfelder Süddänemarks, die stillen, einsamen Höfe, die ländliche Ruhe werden mit viel Gefühl für Atmosphäre eingefangen und sorgen für einen idealen Rahmen. Die wüste und provokante Sozialkritik Vinterbergs oder von Triers macht hier eher ironischen, wenn manchmal auch doch ganz schön bissigen Seitenhieben Platz, die sich nahtlos einfügen und auf jeden Fall dafür sorgen, daß der gesamte Film nicht allzu glatt und süßlich gerät. Obgleich die Kamera auch nicht soviel wackelt, wirkt der gesamte Stil spontan und sehr nah dran an den Schauspielern, die einmal mehr brillant sind und das Zuschauen zur Attraktion machen, selbst wenn mal fünf Minuten nicht soviel los ist. Ansonsten gibt es reichlich Turbulenzen, viel Humor, mal eher physisch, mal zarter und hintergründiger, und die neuerliche Einsicht, daß die Dänen mit diesem Dogma tatsächlich die Gewinner des Jahres sein dürften. Ich bin extrem gespannt auf die zweite Filmgeneration, die es bestimmt nicht einfach haben wird, die nach drei großartigen Werken enorm hoch gehängten Erwartungen zu erfüllen, geschweige denn noch zu übertreffen. Wobei ich erstmal sehr hoffe, daß es überhaupt eine zweite Generation geben wird. (1.6.)