"Sonnenallee" von Leander Haußmann. BRD, 1999. Alexander Scheer, Alexander Beyer, Katharina Thalbach, Henry Hübchen, Detlev Buck, Ignaz Kirchner, Christine Harbort
Das kürzere Ende der Sonnenallee ist das in Ostberlin, das andere ist im Westen. Da stehen die Wessis auf Holzrampen, glotzen über die Mauer und erfreuen sich an den possierlichen Verhaltensweisen der Ossis da drüben. Die sind jetzt gerade, da die siebziger Jahre ihren Terror entfalten, jung und haben so ihre Sorgen. Micha zum Beispiel liebt die blonde Göttin von gegenüber, will nicht zur NVA, lechzt nach Rockmusik aus dem goldenen Westen und hängt mit den Kumpels rum, die alle ungefähr dieselben Sorgen haben. Man schlägt sich mit dem Gauleiter aus der Nachbarschaft rum, beobachtet die Eltern bei ihren skurrilen Versuchen, in den Westen auszubrechen, oder Konsumgüter rüberzuschmuggeln, riskiert sein Leben, um an "Exile on Main Street" ranzukommen und feiert orgiastische Feten. Alles in allem ist das Leben also gar nicht mal so unkomisch in der Sonnenallee.
Dieser Film ist auch gar nicht mal so unkomisch, er ist sogar im Gegenteil sehr sehr lustig über weiter Strecken, obgleich ich von verschiedenen Seiten eindringlichst gewarnt worden war. Natürlich sind die Gags nicht gerade subtil oder politisch korrekt oder sonstwas und natürlich geht dem Haußmann die Dramaturgie zwischendrin durch die Lappen, natürlich sind manche Szenen ziemlich daneben, wie etwa die surreale Orgie der das Pathosende, aber zwischendrin gibt's soviel Spaß und auch ein paar wirklich charmante Einlagen (z.B. den Gruppentanz zum T.Rex), daß ich persönlich mich eigentlich sehr gut amüsiert habe. Die DDR wird halt nicht als Tragödie begriffen, sondern von ihrer abstrus-grotesken Seite. Warum auch nicht? Die Charaktere sind keine, sondern eher Puppen im modernen Theaterstil (die Schauspieler agieren manchmal leider auch etwas theaterhaft). Was soll's, wenn man dabei Spaß hat? Und es ist ja auch nicht so, daß dieses ganze System hier als einziger großer Scherz verharmlost und das Ossivolk als Trupp sonderbarer Idioten verunglimpft wird. Ab und zu kommen auch mal echtes Gefühl und wahre Ostalgie durch, aber nie zu lange. Ich finde auch, daß der Film Perfektion oder Ausgewogenheit gar nicht auf seine Fahnen schreibt, warum ihm also etwas vorwerfen, was er sowieso nicht leisten will? Für die einen mag dies gut und gerne eine geschmack- und stillose Nummernrevue sein, für mich ist es einfach einer der komischsten Deutschfilme des Jahres. (4.11.)