„Chicken Run“ (#) von Peter Lord und Nick Park. England, 2000.

Tweedys Hühnerfarm ist keine normale Hühnerfarm, sondern ein KZ für eierlegendes Federvieh das mit Stacheldraht und blutgierigen Wachhunden im Schach gehalten wird und, wenn es die erforderliche Quote nicht mehr schafft, gnadenlos auf dem Hackklotz endet. Kein Wunder, daß ein so aufgewecktes Huhn wie Ginger jeden Abend von der großen Freiheit träumt und keinen Plan unversucht läßt, aus diesem hühnerunwürdigen Gefängnis zu entwischen. Jeder einzelne Versuch aber scheitert, entweder am Unbill des Schicksals oder an der geistigen und körperlichen Trägheit der Mithennen. Ginger bezahlt jedesmal mit Einzelhaft im Kohlenverschlag, gibt aber nicht auf. Als schließlich der Flughahn Rocky auftaucht, ein geschmeidiger Yankee mit großem Schnabel, sieht Ginger die große Chance gekommen. Doch die Zeit wird knapp: Rocky  entpuppt sich hauptsächlich als aufgeplusterter (und vor allem fluguntüchtiger) Aufschneider, und als Mrs. Tweedy (die direkt aus „Animal Farm“ entlaufen zu sein scheint) eine monströse Hühnerpastetenmaschine anschafft, ist für Ginger klar, daß Endzeitstimmung angesagt ist.

 

Ein ganz und gar hinreißender, umwerfend witziger und charmanter Knetanimationsfilm aus den Aardman-Studios, der durch seine unglaublicher Liebe zum Detail und seinen Sinn für parodistische Kinozitate besticht und von der ersten bis (fast) zu letzten Minute das reine Vergnügen ist. Ich sage „fast“, weil eine Laufzeit von neunzig Minuten für so einen Film grundsätzlich ein Problem darstellt, und man auch hier den Eindruck hat, fünfundsiebzig hätten möglicherweise auch genügt, zumal die Story dann gegen Ende ein kleines bißchen durchhängt – aber eben nur ein bißchen. Bis dahin kann man staunen über die Technik und sich endlos freuen an wunderbar witzigen Dialogen und Charakterisierungen. Lord und Park nehmen zahlreiche Genreklischees auf die Schippe – den Gefängnis- und Ausbruchsfilm,  den sozialkritischen Film,  das Bild des glatten, kernigen, natürlich amerikanischen Helden, der stets einen flotten Spruch auf den Lippen hat, das Bild der klugen, aber doch zickigen und nervösen Frau, die sich lange ihrer Gefühle erwehrt, bis es gar nicht mehr geht, und dann all die köstlichen Nebenfiguren, wie die beiden Ratten, das ewig strickende Dummerchen oder den alten Gockel, der als Maskottchen in der R.A.F. gedient hat und mit seiner  ewigen Aufschneiderei beinahe für ein verhängnisvolles Mißverständnis sorgt. Neben den rasanten Slapsticks macht gerade dieser besondere und sehr britische Blick für die kleinen Einzelheiten den ganzen Charme des Films aus, der zur Abwechslung mal wieder dazu geeignet ist, einen Miesepeter wie mich für anderthalb Stunden rundum froh zu stimmen. (29.8.)