"Ordinary decent Crininal" (Ein ganz gewöhnlicher Dieb) von Thaddäus O'Sullivan. Irland/England, 1999. Kevin Spacey, Linda Fiorentino, Stephen Dillane, Helen Baxendale, David Hayman, Peter Mullan

Ein Film über den irischen Kriminellen Michael Lynch, der mit zwei Frauen Kinder hat, mit einer größeren Gruppe Kumpel meisterhafte Diebeszüge unternimmt, die gesamte Öffentlichkeit fasziniert, die Polizei immer wieder demütigt,  vor Gericht mit maskiertem Gesicht erscheint und der IRA um keinen Preis in der Arsch kriechen wird. Schon mal gehört? Klar, schon mal gehört. In John Boormans Meisterwerk "The General" hieß Michael Lynch Martin Cahill und hat tatsächlich gelebt. Die Parallelen in Biografie und Geschichte sind derart augenfällig, daß es sich nur um die gleiche Person handeln kann: Das unkonventionelle Privatleben, die Vergangenheit als Hausbesitzer, der langjährige Zweikampf mit einem der Polizisten, die genial ausgetüftelten Banküberfälle und Kunstraube, der Ärger mit der IRA, der die Bande schließlich spaltet. Nur das Ende ist charakteristischerweise verschieden: Bei Boorman wird der Mann von der IRA mit Billigung der Polizei exekutiert, bei O'Sullivan darf er sich nach seinem letzten Täuschungsmanöver weiterhin seiner Gesundheit und Freiheit erfreuen. Dies ist deshalb charakteristisch, weil O'Sullivan insgesamt mehr Wert auf den komödiantischen, unterhaltenden Aspekt legt, während Boorman alles, was der Sache erst die Substanz gibt, sorgfältig herausarbeitet: Cahills Stellung in der irischen Gesellschaft, die komplexe Beziehung zur Polizei, zur Öffentlichkeit, sein oft recht widersprüchliches Verhalten als Bandenführer und natürlich seine Auseinandersetzung mit der IRA. In diesem Film wird all dies auch mal angerissen, aber er beiläufig und oberflächlich. Was nicht heißen soll, daß dies etwa ein schlechter Film wäre, im Gegenteil. Die Geschichte ist so genial witzig und unterhaltsam, daß man eigentlich nichts falsch damit machen kann. Und so hat man auch diesmal wieder einen Heidenspaß bei Lynchs skurrilen, verrückten Schachzügen und Unternehmungen, freut sich wieder diebisch, wenn er die Bullen so richtig verarscht und der IRA die kalte Schulter zeigt und zittert mit ihm,. wenn es zum Schluß dann doch sehr ernst und brutal wird. O'Sullivan kann dabei auf eine Besetzung zurückgreifen, die der bei Boorman in gar nichts nachsteht, auch wenn mir nicht ganz klar ist, was US-Stars wie Spacey und Fiorentino darin sollen. Aber andererseits: Ohne Spaceys Namen wäre der Film nie und nimmer in unsere Kinos gekommen, und Fiorentino ist allemal ein hervorragender Grund, auf die Leinwand zu schauen. Natürlich hat der Film das Pech, im Schatten des brillanten Vorgängers zu stehen und sich auch nicht aus ihm lösen zu können. Wenn man das aber weiß (oder besser noch: Wenn man "The General" erst gar nicht kennt), kann man dennoch einen temporeich inszenierten und klasse gespielten Krimi genießen, der zudem noch den Vorteil hat, uns mit einem irgendwie passenden Happy End auf die Straße zu schicken. (9.5.)