„Fight Club“ (#) von David Fincher. USA, 1999. Brad Pitt, Edward Norton, Helena Bonham-Carter

David Fincher ist irgendwie ein wilder Kerl. Erst taucht er im dritten „Alien“-Film richtig schön tief ein ins Reich der Finsternis, dann serviert er uns in „Sieben“ einen unappetitlichen aber auch nicht gänzlich uninteressanten Horrorfilm, und nun schaltet er die Achterbahn noch eine Stufe hoch und los geht’s, volle Pulle in ein Bombardement von Bildern, Tönen, Schnitten und Ideen, im Ansatz und den eigentlichen Absichten deutlich abgesetzt vom Mainstream, aber in dieser Umsetzung, die deutlich den High-Tech-Clip-Freak outet, für meinen bürgerlichen Geschmack einfach zu viel.

Eddie Norton, ein typischer Durchschnittsamerikaner, jung, Krawattenträger, Büromensch mit kompletter IKEA-Einrichtung zuhause, trifft auf den irritierenden aber auch faszinierenden Dropout Tyler, der in einem Abbruchhaus lebt, gern terroristische Aktivitäten ersinnt und schließlich den Fight Club ins Leben ruft, wo sich Männer nach getaner Arbeit nur so zum Spaß die Fresse polieren und jede Menge Aggressionen abbauen können. Es geht um Freiheit, Stärke, Selbstbewußtsein, kurz um alles, was diesen Leuten im amerikanischen Alltag längst abhanden gekommen ist. Eddie wird Tylers größter Fan, kriegt aber Probleme, als dessen Aktionen immer gewalttätiger und durchgeknallter werden, muß zugleich erkennen, daß Tyler auf fatale Weise ein Teil seiner eigenen Person und Ausdruck tiefliegender Schizophrenie geworden ist. Zum Schluß will Tyler das ganze Finanzimperium in Gestalt der glitzernden Wolkenkratzer hochsprengen, was Eddie zwar nicht verhindern kann, aber wenigstens kann er ihn töten und damit die dunkle Seite seiner selbst auslöschen.

 

Fincher schickt uns auf einen wüsten, psychedelischen, bedrohlichen, brutalen, irrwitzig komischen, hinreißend makabren und teilweise auch gesellschaftskritischen Trip, wirft uns in den Mahlstrom der Bilder und der atemlosen Musik, läßt Eindrücke auf uns niederhageln, als gelte es, die Schallmauer zu durchdringen und will uns am Ende doch bloß darauf hinweisen, daß die junge amerikanische Generation gefühlskalt, materialistisch, fetischistisch und sinnentleert durchs Leben stapft und sich höchstens noch ein paar Adrenalinkicks holt, die aber auch immer extremer werden müssen. Der Fight Club ist eigentlich die geniale Verkörperung dieser Botschaft, die Gipfelung des Männlichkeitswahns, der folgerichtige Endpunkt klassisch amerikanischer Lebensideale, optimale Spielwiese für Adrenalinjunkies und Abbild der ewigen Sehnsucht nach der Rückkehr zur Barbarei in diesen hochtechnisierten, sterilen Zeiten. Doch leider will Fincher noch soviel mehr in seinem Film unterbringen, und so läßt er Tyler zum Terroristen werden, stellt er die Frage nach der Identität oder der Stabilität der Persönlichkeit, bringt er eine Frau ins Spiel, die anfänglich auch nur kaputten Hedonismus zu symbolisieren scheint, deren Rolle aber zunehmend verwaschen und unklar wird, macht er ganz allgemein viel von dem anfänglichen Spaß kaputt. Zu Anfang nämlich gelingen ihm ein paar hinreißend witzige und auch eklige Attacken auf den guten Geschmack und den American Way of Life, auf Spießigkeit, Durchschnittlichkeit, Ödnis und die Anonymität des Stadtlebens. Tyler und Eddie rasen fast wie zwei kleine Jungs durch die nächtliche Stadt auf der Suche nach Abenteuern und Grenzerfahrungen, die der missionarisch veranlagte Tyler auch gleich anderen Menschen zukommen lassen will. Daß sein Traum von Lebenssinn, Befreiung vom Materialismus und Rückkehr zu Selbstbestimmung und Stärke im Desaster enden muß, zumal er ihn mit rüder Gewalt durchsetzen will, ist klar, doch hätte Fincher, der Bescheidenheit der Mittel sicherlich nicht in seinem Programm hat, keinesfalls zu all den ganzen Tricks und Extremen greifen müssen, um sich verständlich zu machen. Ich finde den Film an sich eigentlich nicht schlecht und ganz schlau ausgedacht, sperre mich aber stets irgendwie, wenn man versucht, mir solche Botschaften mit dem Holzhammer einzubleuen. Sicherlich auch eine Frage der Sehgewohnheiten und des Geschmacks, mir jedenfalls ist das immer eine Spur zu schnell, zu hektisch, zu laut. So erfreue ich mich an einigen höchst gelungenen, fiesen Kabinettstückchen, finde das Ganze aber eher schwer verdaulich und kehre gern zu etwas ruhigerem Stoff zurück. (8.11.)