"Heimspiel" von Didi Danquart. BRD, 1999.

Noch ein Stück deutsches Kino, diesmal aus einer ganz anderen Liga, doch in seiner Art kaum weniger hervorragend gelungen. Ein dokumentarisches Porträt des Eishockeyklubs Eisbären Berlin, ehemals Dynamo Ostberlin, aber natürlich geht es nicht nur um ein Stückchen Sportgeschichte (die aber wäre auch schon interessant genug), sondern vielmehr um die Auslotung des gesamten sozialen Umfeldes, und da wiederum um das Selbstverständnis der Fans, der Vereinsmitglieder, der eng verbundenen Sportjournalisten und der Sportler selbst als Ossis, um ihr besonderes Verhältnis zu den Wessis (oder eher umgekehrt) und um ihre zwiespältigen Gefühle zum Thema Wiedervereinigung. Ein paar Schlaglichter beleuchten die ganz besondere Sportpolitik der DDR, sprich die gezielte Förderung erfolgsträchtiger Sportarten und die ebenso gezielte Austrocknung weniger aussichtsreicher Sparten. Mit dem skurrilen Resultat, daß die gesamte Eishockeyszene des Landes über Jahre hinweg von sage und schreibe zwei Mannschaften gebildet wurde: Weißwasser und eben Dynamo, die dann die Titelkämpfe unter sich ausmachten. Nach der Wende stellte sich dann die Frage nach der Zukunft Dynamos. Man suchte Leute, Sponsoren und insgesamt den Anschluß an das Wessiniveau. Sportlich war das kein Problem, aber schon der Name Dynamo verschreckte potentielle Geldgeber, und so entschied man sich für einen unverfänglicheren Klubnamen, womit der Verein schließlich auch gerettet wurde. Danquarts wunderbar unterhaltsamer und stimmungsvoller Film beleuchtet die Identität dieses Klubs und seiner Fans von sehr vielen verschiedenen Seiten und läßt ein sehr komplexes, komplettes Bild entstehen: Die Leute daheim in ihren gräßlichen Plattenbausiedlungen, die tiefe Verwurzelung Dynamos im Osten, die Vorbehalte vieler Leute dem Westen und seinen Errungenschaften gegenüber, die Vorurteile, denen sie ausgesetzt sind: Mal Kommis, mal Nazis, immer aber die doofen Ossis. Im heimischen Stadion bündeln sich all diese Konflikte und Probleme und verschaffen sich ein lautstarkes Ventil, das mindestens ebenso unverzichtbar und wertvoll ist wie der ganze Aufbau Ost. Da sieht der Lorenz Funk (was so ein echter Bayer ist) auch schon mal drüber weg, wenn auf den Fahnen immer noch Dynamo draufsteht, und wenn die Fans gern noch den alten Namen skandieren, der ja eigentlich für ein untergegangenes, und allgemein für tot erklärtes System steht. Man muß überhaupt kein Eishockeyfan sein (ich bin bestimmt keiner), um diesen Film interessant und spannend zu finden, weil er eben den Rahmen des eigentlichen Sport weit überschreitet, eher gesellschaftlich und breiter denkt und argumentiert. Ein schöner Film, schön auch, daß sich mal wieder ein Dokumentarstück in die hiesigen Kinos verirrt, denn man sieht sie ja so selten, und es gibt so viele gute davon! (20.6.)