„In the mood for love“ (#) von Wong Kar-Wai. Hongkong, 2000. Maggie Cheung, Tony Leung, Rebecca Pan, Lai Chen

Hongkong 1962: Frau Li und Herr Chow werden Nachbarn. Der Mann von Frau Li und die Frau von Herrn Chow haben eine Affäre. Deswegen kommen sich auch die beiden näher, doch schließlich macht sie einen Rückzieher und geht zurück zu ihrem Mann. In Singapur 1963 kann er sie nicht vergessen. Auch nicht in Kambodscha 1966. Die vergangene Zeit wird immer da sein, allerdings so unwirklich wie hinter einer Glasscheibe.

 

Ein wundervolles Melodrama, ästhetisch vollendet, zugleich hochgradig stilisiert, so sehr in der Tat, daß mancher Kinobesucher zwischendrin in Gelächter ausbrach, obwohl es eigentlich herzlich wenig zu lachen gibt dabei. Das liegt nun wieder daran, daß Wong, ganz gegen die sonstigen Sehgewohnheiten von heute, kleinsten Banalitäten seien Aufmerksamkeiten schenkt und uns daran erinnert, daß es bei Zwischenmenschlichkeiten, vor allem auch zwischen Mann und Frau oft genug recht banal und für Außenstehende albern zugeht. Der Film zeigt in rituell wiederholten Sequenzen, die ihre Spiegelung in der musikalischen Begleitung finden, die langsame, behutsame, schüchterne Annäherung der beiden, ihre ersten tastenden Gespräche und schließlich ihre klare Aussprache, als ihnen bewußt wird, daß sie das Schicksal des Betrogenen teilen. Ständig wird auch mit den Realitätsebenen gespielt: Ist das, was wir sehen und hören, nur eine gestellte Szene der beiden oder findet es tatsächlich so statt? Manches scheint nur im Wunschdenken des verliebten Herrn Chow stattzufinden, dessen Perspektive hier überwiegt, während uns Frau Li bis zuletzt ein wenig fremd bleibt, was auch an der kühlen, maskenhaften, gleichwohl magnetischen Darstellung Maggie Cheungs liegt, die in Tony Leung einen gleichwertigen, großartigen Partner hat. Der Film ist so sehr auf die beiden zugeschnitten, daß sogar die jeweiligen Ehepartner nie mit ihrem Gesicht ins Bild kommen, immer nur mit der Stimme oder der Rückansicht. Man soll erst gar keine Chance erhalten, Kontakt zu ihnen zu bekommen und vielleicht sogar Position für sie einzunehmen. Abgesehen davon ist dies natürlich auch, in Farben, Musik, Design und überhaupt, eine Hommage an die sechziger Jahre, und so darf Maggie Cheung eine wahrhaft atemberaubende Kollektion hochgeschlossener, aufregend figurbetonter Kleider präsentieren, möglichst in jeder neuen Szene auch ein neues Kleid, bis die Zuschauer auch darüber lachen und vielleicht die Parodie ahnen auf die poppigen, designverrückten, oberflächlichen Sixties. Also ein Film, der uns manchmal lächeln und manchmal trauern läßt – trauern vor allem über die unerwiderten Gefühle, über die verpaßte Liebe, über Herrn Chows Einsamkeit in der Erinnerung und über Frau Lis Selbstverleugnung. Lächeln auch noch über Wongs stilistische Virtuosität und sein konsequentes Bekenntnis zu manieriertem Filmstil, den er diesmal nicht im schrillen Neon der Neunziger gekleidet hat (Gottseidank) sondern in anderen, wärmere, eleganteren Tönen, so schön kitschig wie der falsche spanische Gesang oder das süße Violinenspiel, das uns immer wieder mit Zeitlupenbildern den Zauber des Augenblicks zeigt. Gefühlskino im reinsten Sinne also, originell, großartig in der Gestaltung und tiefempfunden im Ausdruck. (13.12.)