"Joan of Arc" (Johanna von Orléans) von Luc Besson. Frankreich, 1999. Milla Jovovich, John Malkovich, Faye Dunaway, Dustin Hoffman, Pascal Greggory, Tcheky Karyo, Vincent Cassel
Bessons Zweieinhalbstundenvariante des offenbar unerschöpflichen Mythos' von der heiligen Johanna ergänzt die möglichen Sichtweisen erwartungsgemäß um die moderne Popperspektive, die sich selbst im Bilderrausch befriedigt und eine adäquate Schlachtplatte auffährt, den Menschen Jeanne dabei aber natürlich ein bisserl aus dem Blick verliert. Die erste Viertelstunde überzeugt mit wunderschönen Naturimpressionen und versucht außerdem noch die Herkunft der mystischen Visionen und Einflüsterungen dieses merkwürdigen Mädchens aus der Provinz aufzudecken. Dabei spielen Wölfe, Stürme, Sternhagel und andere Erscheinungen eine Rolle, bis schließlich der englisch-französische Krieg für konkretere Verhältnisse sorgt. Im folgenden gibt sich Besson dann damit zufrieden, Kriegsaktionen in allen Einzelheiten vorzuführen, von der Planung bis hin zur Ausführung. Serras pompöse Musik schwelgt dröhnend laut, die Kamera flitzt über Felder und durch belagerte Festungen, allerhand Körperteile kommen abhanden und zwischendurch kreischt Jeanne mit dem allgemeinen Lärm um die Wette. Bis hierhin hat sich der Film darauf festgelegt, sie als unbedingt willensstarke, aber auch hysterische und besessene königstreue religiöse Fanatikerin zu präsentieren, die uns weder nah noch irgendwie sehr sympathisch ist. Als dann die militärischen Schlachten geschlagen sind und es an die Intrigen der geistlichen und weltlichen Mächte geht, zwischen denen Jeanne schließlich zerbricht, verliert Besson seinen Elan, der Ton wird merkwürdig trüb, gedeckt, matt. Jeanne entgleitet ihm und uns als Mensch, sie rückt in die Ferne, zumal auch der berühmte Prozeß, der in allen anderen Filmen aus naheliegenden Gründen den zentralen Platz einnimmt, hier mit zwei, drei Szenen abgehandelt ist. Hier haben Dreyer und Rivette ihre ausführlichsten und faszinierendsten Momente, hier arbeiten sie die Essenz der Figur heraus. Bessons tut nichts von alledem, er bleibt an der Oberfläche, so als sei dieser Prozeß, dieser Kampf einer einzigen jungen Frau gegen die tyrannische kirchliche Gerichtsbarkeit gar nicht weiter von Belang und nur ein kleines Bausteinchen auf dem Weg zum Scheiterhaufen. Interessant sind hier einzig Jeannes verzweifelte Zwiegespräche mit ihrem religiösen Gewissen, dargestellt von Dustin Hoffman, dem es als letztem vergönnt ist, die Schwächen der Hauptfigur bloßzulegen. Wo wir schon beim Thema sind: Was Bessons bewogen hat, Milla Jovovich als Jeanne auszuwählen, ist mir etwas unklar. Ihre schauspielerischen Qualitäten können eigentlich kaum den Ausschlag gegeben haben, denn die gibt es gar nicht. Man muß sie dabei nicht mal mit ihren Vorgängerinnen vergleichen (sogar die viel zu alte und viel zu pathetische Ingrid Bergman war noch um Klassen besser), um sagen zu müssen, daß sie erschreckend blaß und schwach ist, nuancenarm und in den wilden Momenten stets jenseits der Grenze zur Selbstparodie. Ihr Unvermögen fällt umso mehr auf, da sich rings um sie herum Klasseschauspieler tummeln und sie als das dastehen lassen, was sie vermutlich ist: Eine blutige Anfängerin. So hat der Film schon in dieser zentralen Position einen Ausfall, der kaum zu kompensieren ist. Wenn man sich dann ansonsten auch lieber auf laute Effekte verläßt und die meisten Möglichkeiten dieser großartigen Geschichte ungenutzt vorüberziehen läßt, kommt unweigerlich dies heraus: Großes Pathos, viel Krach, viel Blut, viel Oper, aber eigentlich nix, was bleibt. (18.1.)