„Le goût des autres“ (Lust auf anderes) von Agnès Jaoui. Frankreich, 2000. Anne Alvaro, Jean-Pierre Bacri, Agnès Jaoui, Gérard Lanvin, Alain Chabat, Christiane Millet

Ein ganz typisch französischer Reigen in Paris, nur mit ein paar Personen: Ein Wirtschaftsmensch, dessen Frau, zwei Leibwächter, eine Schauspielerin und eine Thekenbedienung. Letztere hat erst was mit dem einen, dann mit dem anderen Leibwächter. Der Wirtschaftsmensch nimmt Englischunterricht und lernt drei Freuden der höheren Kunst kennen, während seine Frau jedermann in Fragen der Inneneinrichtung berät, ihnen eigentlich mehr die Meinung aufzwingt und dabei leider einen Geschmack wie eine Kuh hat. Am Ende hat sich, wie häufig in solchen Konstellationen, alles ein wenig, aber nicht oberflächlich dramatisch verschoben: Der Leibwächter hat gekniffen, die junge Frau, Manie, ist wieder allein, der Wirtschaftsmensch hat sich ein wenig emanzipiert, seiner Frau einen Dämpfer verpaßt und flirtet weiter mit der Schauspielerin, die darüber auch ganz froh zu sein scheint.

 

Ein sehr subtiler Film, der großen Wert auf Details im menschlichen Zusammenleben legt, dabei für mich persönlich den Nachteil hatte, daß ich ihm rein konzentrationsmäßig bis tief in die Nacht nicht immer folgen konnte. Sprühender Humor und laute Witze sind seine Sache nicht und das kann man ihm ja wahrhaftig nicht zum Vorwurf machen. Er besticht in jeder Phase durch die hintergründigen Charaktere und die blendenden Schauspieler, und irgendwann, selbst wenn man zwischendrin die eine oder andere Länge (denn die gibt es durchaus) durchgestanden hat, merkt man, daß einem diese Menschen doch näher gerückt sind und man an ihrem weiteren Schicksal teilhaben möchte. Wenn ich dabei so etwas die französische Frivolität, die lockere Eleganz vermißt habe, liegt das natürlich an meinen Erwartungen, bzw. an der Tatsache, daß ich spät am Abend was zum Wachbleiben benötige, und nicht daran, daß dies etwa ein enttäuschender Film ist. Er setzt eher auf Langzeit- und Tiefenwirkung und nicht auf den schnellen Gag, denn der kommt bestimmt nicht, eher wird man hier und da zum Schmunzeln angeregt über die Art und Weise, wie auch gesellschaftliche Konventionen liebevoll und präzise anvisiert werden: Der kulturlose, etwas ruppige und unbeholfene Wirtschaftsmensch, die geistreichen, aber auch gezierten und mimosenhaften Kulturmenschen, dazwischen die merkwürdigen Leibwächter, aus denen man nie ganz klug wird, und die in jeder Hinsicht erfahrene und illusionslose Manie, die sich doch wieder in den Macho verliebt und dabei wohl weiß, daß der irgendwann Reißaus nehmen wird, sie alle werden dicht verwoben, fast musikalisch arrangiert, nur nicht so flüssig perlend, wie man es sonst häufig in französischen Filmen sieht, sondern auch mal in Molltönen gefärbt. Damit schon ragt der Film aus dem Durchschnitt heraus, und es liegt wie gesagt nur an mir, wenn ich dies nicht mehr angemessen goutieren konnte. Außerdem findet sich hier mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie täuschend Trailer sein können, denn die haben uns glatt auf einen frechen Spaß vorbereitet und nicht auf einen leisen, sorgfältig inszenierten und sehr durchdacht geschriebenen Großstadtfilm, der sich nicht anbiedert, sondern der seinerseits aufmerksam erschlossen werden will. (21.11.)