„O Brother, where art thou?“ (#) von Joel und Ethan Coen. USA, 1999. George Clooney, John Turturro, Tim Blake Nelson, John Goodman, Charles Durning, Holly Hunter
Based upon Homer’s „Odyssee“ steht da ganz cool und frech im Vorspann, und man darf sich als Zuschauer, der wenigstens ein paar der Coen-Machwerke schon erlebt hat, gern im Voraus ausmalen, was wohl dabei herauskommen mag. Die Odyssee also findet natürlich nicht im Mittelmeerraum anno dazumal statt, sondern im schönen Baumwollstaate Mississippi irgendwann in den Dreißigern. Und das heißt: Gefängnisfarmen, Steinekloppen in sengender Sonne, endlose Baumwollfelder und Straßen dazwischen, Neger heißen nicht Neger sondern Nigger und spielen höchstens Blues, merkwürdige Kongregationen von Wiedertäufern pilgern zum großen Fluß, andere Kongregationen in weißen Gewändern und spitzen Mützen gruppieren sich um brennende Kreuze und faseln was von der Überlegenheit der weißen Rasse, wenn sie sich nicht gerade an ethnischen Minderheiten vergreifen. Ansonsten wird der gute alte Süden gepriesen, werden skurrile Wahlkampfmethoden vorgeführt, ist Babyface Nelson unterwegs, um Banken zu leeren und Kühe zu meucheln, soll ein schönes Stück Land überflutet werden, um endlich Elektrizität in die Gegend zu kriegen, ist der Teufel persönlich eifrig dabei, verlorene und schwache Seelen zu fangen und vor seinen Karren zu spannen und machen sich Bullen einen Spaß daraus, Scheunen anzustecken, in denen sie Gauner vermuten, oder letztgenannte auszupeitschen und auch sonst gehörig zu drangsalieren. In solch charmanter Umgebung sind unsere drei Helden damit beschäftigt, von einer der genannten Gefängnisfarmen zu entkommen und auch noch einen tollen Schatz zu finden, just in jenem Gelände eben, welches den Fluten anheim gegeben werden soll. Dieser Schatz allerdings entpuppt sich beizeiten als Vorwand des geschwätzigen und gewitzten Everett, der eigentlich nur seine Frau und seine sechs Töchter wieder für sich gewinnen will und die Story nur erfunden hat, um seine beiden Mitstreiter bei Laune zu halten. Das ist auch bitter nötig, denn was die Flüchtigen so alles erleben müssen, geht tatsächlich auf keine Kuhhaut und soll deshalb hier auch gar nicht lang und breit erzählt werden. Zumal das die Coen-Brüder viel besser können und hier ihre Lust am Unfug, an Fabulieren, an blühendem Blödsinn und schön kindlichem Spaß mal wieder so richtig von der Leine gelassen und einen Film gemacht haben (ihren ersten dieser Art seit ewigen Zeiten), bei dem man sich einfach mal knapp zwei Stunden köstlich vergnügen kann. „Barton Fink“ war eher intellektuell orientiert und was für Kritiker. „Hudsucker“ kenn ich nicht, kam ja aber auch nicht so gut weg. „Fargo“ war streckenweise toll, andererseits aber auch sehr blutig und makaber. „Lebowski“ war zwar irre cool und lässig, aber eigentlich auch nicht mehr. Dieser Film hier ist lustig, albern, grotesk, rasant, satirisch und sehr musikalisch. Ständig trötet der reine, urige Country-Blues, knödelt irgend jemand zur Fiedel und Dobro, oder dürfen unsere drei Helden höchstselbst swingende Gassenhauer zum besten geben, sogar mit dem Erfolg, daß sie eine gesuchte Größe im nationalen Musikgeschäft werden, ohne es zu wissen. Es darf einfach gar kein Klischee fehlen hier, alles wird genüßlichst auf sie sprichwörtliche Schippe genommen, jede denkbare Zutat eines echten Südstaatenfilms ist dabei, alles sorgsam verquirlt zu einer irren Show, die wahrscheinlich Freunde hintergründiger Geistesblitze nicht unbedingt zufrieden stellen dürfte, aber dafür alle, die gern mal unbekümmert loswiehern wollen. Das ist besonders deshalb möglich geworden, weil die beteiligten Menschen mit maximalem Spaß und Elan zu Werke gehen, besonders natürlich die Schauspieler, die genußvoll mit ihrem eigenen Image hantieren, sich selbst gehörig verkohlen oder einfach nur nach Herzenslust übertreiben. Das ist hier erlaubt, es ist auch nötig, um die liebevolle Parodie zu voller Wirkung kommen zu lassen, um das hohe Tempo durchzuhalten, es ist auch möglich, weil das Drehbuch so viele gute optische und verbale Gags parat hält, daß der ganzen Chose nicht doch zwischendurch mal die Luft ausgeht, was in ähnlichen Fällen ja meistens der Fall ist. Ich für meinen Teil fand’s toll und habe mich schon lange nicht mehr so gut mit den Coens amüsiert. (4.11.)