"Sweet and Lowdown" (#) von Woody Allen. USA, 1999. Sean Penn, Samantha Morton, Uma Thurman, Anthony laPaglia, Brian Markinson

Dieser alljährliche Besuch bei Woody Allen hat ja schon wirklich etwas Rituelles an sich, und möge er uns noch ein Weilchen erhalten bleiben! Seit weit mehr als zwanzig Jahren macht dieser Kerl mit unerhörter Konstanz und Ausdauer einen Film pro Jahr, und man kann es nicht oft genug wiederholen: Selbst wenn der ganz große Glanz der späten Siebziger und frühen Achtziger (bis "Radio Days", um genau zu sein) verflogen ist und sich im Lauf der Zeit eine unübersehbare Routine eingeschlichen hat - Allens Niveau erhebt sich nach wie vor weithin sichtbar und ist im amerikanischen Film in dieser Form konkurrenzlos. Die alten Geniestreiche wird man wohl nicht mehr von ihm erwarten dürfen (obwohl "Everyone says: I love you" mal wieder stark in die Richtung ging), aber trotzdem ist kurzweilige, gute, anspruchsvolle Unterhaltung jederzeit garantiert, zumal Allen seine Bergman-Periode (die uns solch prätentiöse Langweiler wie "Interiors", "Another Woman" oder "September" bescherte) offensichtlich und zu unserem größten Glück hinter sich gebracht zu haben scheint.

 

Diesmal hat er sich wieder in die von ihm so geliebten Dreißiger gestürzt, kommt in Atmosphäre, Milieu- und Personenschilderungen seinem zauberhaften "The Purple Rose of Cairo" nahe, und benutzt ansonsten einen Trick, den er schon für "Zelig" nahm, nämlich die Biographie eines fiktiven Menschen zu entwerfen. Diesmal ist der Jazzgitarrist Emmet Ray an der Reihe, nach Django Reinhardt der Beste seiner Zunft, und dem Zigeuner aus Frankreich in verhängnisvoller Anbetung und ohnmächtiger Eifersucht schicksalshaft verbunden. Außerdem ist er ein Einfaltspinsel, der auf Ratten schießt und sich gern vorüberfahrende Züge anschaut, ein rücksichtsloser Egomane, der sich für das Zentrum des Universums hält und ein kindischer Macho, der Frauen ausnutzt und dann wegwirft, bis er selbst doch mal an eine gerät, die ihm mehr bedeutet, als er zugeben möchte. Die detailreichen, stimmungsvollen und sehr vitalen Spielszenen werden unterbrochen von pseudodokumentarischen Erzählungen von Zeitzeugen und Wissenschaftlern (u.a. Woody Allen selbst), die dem abstrusen Geschehen einen ernsthaften, nachprüfbaren, authentischen Charakter geben möchten. Wieder einmal parodiert Allen diese Form der Dokumentation und schwelgt zugleich in großartiger Jazzmusik und im Flair der verruchten, krisengeschüttelten, vergnügungssüchtigen und oberflächlichen Dreißiger, wo man sich in Hinterzimmern zum Poker traf, leichte Mädchen im Dutzend billiger aufgabelte, wo Schwarz und Weiß nächtelang jammten und sich Gangster von Auto zu Auto die Kugeln um den Kopf pfeifen ließen. Mit all diesen Elementen, die natürlich längst zu dicken Klischees geworden sind, treibt Allen sein leichtes, amüsantes Spiel. Es gibt wenig Brüller in dem Film, eher souveränes und höchst unterhaltsames Erzählen, einen grandiosen Sean Penn mit einer nicht minder beeindruckenden Samantha Morton (wohingegen ich mit Uma Thurman einfach nicht warm werde) und einige nette kleine verrückte Ideen, die uns gelegentlich dann doch mal kichern lassen. Und schon ist wieder ein Woody-Allen-Film fertig, auch wieder keiner von den ganz großen, aber immerhin doch einer, nach dem man angenehm erheitert auf die Straße fällt und feststellt, daß der Mann sein Handwerk langsam im Schlaf beherrscht.  Gar nicht auszudenken was passiert, wenn diese Serie mal abreißen sollte. (6.4.)