"With or withour you" (#) von Michael Winterbottom. England, 1999. Devla Kirwan, Christopher Eccleston, Yvan Attal
Zuallererst einmal beruhigt uns dieser wunderschöne Film dahingehend, daß es in Belfast neben all dem politischen Wahnsinn auch ganz normale Leute mit ganz normalen Problemchen gibt. Rosie und Vincent wären da beispielsweise zu nennen: Ein Ehepaar, das sich seit längerem wie blöd abstrampelt, um Nachwuchs zu zeugen. Wie, wo, wie oft und wann sie es auch immer treiben, es schlägt einfach nicht ein und so langsam sickert halt der Frust in ihre bis dato frohe Beziehung, Als dann unerwartet ein alter französischer Brieffreund Rosies vor der Tür steht und sich für einige Tage bei den beiden einquartiert, ist der dicke Konflikt praktisch schon vorprogrammiert. Nach etlichen, fast sogar fatal verlaufenden Irrungen und Wirrungen finden die beiden aber doch noch zum Happy End und der wohlverdienten Elternschaft.
Ein brillant konstruierter und gespielter Film, der sich an der Oberfläche komödiantisch und leicht gibt, aber dann voller Fallen und scharfen Kanten steckt und mit zunehmender Dauer in gleichem Maße an Tiefgang und Sperrigkeit gewinnt, so, wie man es in vergleichbaren Filmen sonst nicht sieht. Zweifellos ist die britische Komödie in den letzten Jahren enorm erfolgreich und wird mit wachsender Routine und Könnerschaft zelebriert, Winterbottom aber gewinnt ihr noch eine andere Dimension ab, die nämlich, daß man durchaus komisch sein und dennoch viel zu sagen haben kann. Mir ging es jedenfalls so, daß ich, je besser ich Rosie und Vincent kennenlernte, sie eigentlich immer unsympathischer fand und ihnen das strahlende Finale eigentlich nicht mehr so recht gönnen wollte, zumal es deutlich auf Kosten des Franzosen geht. Rosie gibt sich zickig, launisch und benutzt den neuen Mann ganz richtig als Ausweg aus eingefahrenen Strukturen, nicht erkennend, daß bei ihm wahre Gefühle im Spiel sind. Vincent ist etwas steif, unzufrieden, weil er seinen Job bei der Polizei gekündigt und bei Rosies Vater als Glaser eingestiegen ist. Ein konservativer Protestant, notorisch eifersüchtig und obendrein einem Seitensprung selbst nicht abgeneigt. Winterbottom gewinnt dieser vertrackten Konstellation mal wunderbar witzige, mal auch durchaus ernste und tiefgehende Betrachtungen ab, und er schafft es sogar, daß sich von Zeit zu Zeit so ganz nebenbei auch mal die Politik einschleicht, wenn der Franzose beispielsweise arglos vorschlägt, mal zu einem Ceilidh zugehen und sich Vincent hier als verstockter, katholikenfeindlicher Orangeman outet, so wie in seiner gesamten Familie ein stramm königstreuer geist herrscht. Rosie wird dezent angefeindet, weil sie es bislang noch nicht zu einem Kind gebracht hat, also eigentlich keine vollwertige Frau im traditionell irischen Verständnis ist, und überhaupt wird die Kluft zwischen den unheilbaren Narben der Geschichte und der sich betont modern und aufgeschlossen gebärdenden Geschäftswelt allüberall deutlich. Nur macht Winterbottom nicht viel Aufhebens davon, sondern integriert all dies locker und souverän in die Geschichte. Eine starke Leistung mithin: Zum einen bestens unterhaltend und teilweise wirklich zum Schießen, zum anderen vielschichtig, hintergründig, interessant. Kein Krampf, sondern reine Filmkunst, reiner Genuß. (11.4.)