„Birthday“ von Stefan Jäger. BRD, 2001. Bibiana Beglau, Tamara Simunovic, Claudio Caiolo, Harald Koch

Anfang der Neunziger geraten vier Freunde in eine allgemeine Beziehungskrise und wissen, daß ihre Wege sich trennen werden. Sie versprechen sich aber dennoch, sich wiederzusehen, wenn sie jeweils dreißig werden. Bibiana ihrerseits hat noch ein zweites Gelübde in der Hinterhand: Sie will nicht älter als dreißig werden. Drei Geburtstage gehen ins Land – Haralds, Tamaras, Claudios. Dann kommt Bibianas Geburtstag in Berlin zur Zeit der Love Parade. Tamara ist hochschwanger, Bibiana hat sich randvoll mit Schlaftabletten gefüllt und nun beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, an dessen Ende die verfrühte Geburt eines Kindes und Bibianas Tod steht.

 

Ein recht nervöser, hektischer Film, der unentwegt aber auch recht diffus um das Thema Freundschaft kreist, ohne sich jemals wirklich annähern zu wollen. Zuviel hier ist Oberfläche, zuviel Lärm, zuviel modisches Geschnipsel mit Handkamera, wuschigen Videobildern und vor allem einer etwas unentschlossenen Herangehensweise. Es gibt pseudodokumentarische Ansätze, wenn nämlich die vier Beteiligten einem unsichtbaren Interviewer Rede und Antwort stehen, die Geschichte aus ihrer Sicht darstellen, Erinnerungen einbringen, ihre persönliche Meinung, ihre Motivation. Meistens geht es natürlich um Bibianas geplanten Selbstmord, von dem offenbar nur Harald eine Ahnung gehabt hatte, aber darüber hinaus geht es auch um das Miteinander diese vier als Gruppe, um ihre erotischen Beziehungen, ihre Trennungen, ihre Erwartungen, Befürchtungen und Hoffnungen, was das Wiedersehen nach fast zehn Jahren betrifft. Die einen freuen sich und glauben nach wie vor fest an die Freundschaft, die anderen bleiben reserviert, andere gehen recht ängstlich an die Sache heran. Also setzt man sich zusammen, etwas lauter und aufgekratzter als nötig, um all die Unsicherheiten und Ängste zu vertuschen, man schwelgt in Erinnerungen, wirft störende Fremdlinge brüsk hinaus, und es wird schnell klar, daß vieles unaufgearbeitet geblieben ist, daß sehr viel unausgesprochene oder unaussprechliche Gefühle zwischen den vieren herumschwingen, Sehnsüchte, Erwartungen, vieles was die Balance zwischen Menschen ins Ungleichgewicht bringt. Der Film fängt dies bisweilen sehr klar und intensiv ein und hat folglich in diesen gemeinsamen Szenen seine Stärken, transportiert die Launen, die explosiven Mischungen aus unerfüllter, verschleppter Liebe, heftiger Eifersucht, ungeteiltem Wissen und unterdrückten Ängsten auf sehr greifbare, nachfühlbare Weise, unterstützt von den vier sehr guten Schauspielern, die komischerweise immer dann verkrampfen, wenn sie allein im Interview da sitzen, und die dann immer fabelhaft natürlich und echt wirken, wenn sie in der Gruppe zusammen spielen, Stimmungen erfühlen, in sich selbst hineinzuhorchen scheinen. Im Weg steht der Film sich selbst und seinen Möglichkeiten hauptsächlich deshalb, weil er allzu sprunghaft vorgeht, zu rasch wegschneidet, auch in Situationen, wo es eigentlich erst spannend wird, wo es an die Substanz ging und wo sich das wahre Gesicht dieser Freundschaften zeigen könnte. Stattdessen bleibt sehr vieles im angedeuteten, vagen, diffusen Bereich, wo man sich unbedingt irgendeine Reaktion gewünscht hätte, die dem Zuschauer einen Anhaltspunkt für sich selbst und die eigene Auseinandersetzung gegeben hätte. Claudios gruselige Eifersuchtsszenen beispielsweise bleiben ohne Resonanz, werden von den anderen scheinbar mit Gleichmut zur Kenntnis genommen, was uns dann je nach Temperament befremdet, abstößt oder nur amüsiert, doch wir entwickeln bestenfalls ein vages Verhältnis dazu, genau wie zu Bibianas Person im ganzen und ihrem vorsätzlichen Ableben im Besonderen. Wenn man bedenkt, daß eben dieses Ereignis den gesamten Film nicht nur dominiert sondern regelrecht motiviert, kann man eigentlich nur unzufrieden sein, weil uns Bibiana bis zuletzt recht fremd bleibt und wir ihren Vorsatz nicht nur unbegreiflich finden, sondern überhaupt keine Nähe zu ihr herstellen können, weil der Film uns keine Gelegenheit und Zeit dazu gibt. Ich gebe auch gerne zu, daß ich diesen komischen Dogma-Stil auch nur begrenzt belastbar finde, und man muß schon wirklich eine gute Geschichte haben und aus all den gefilmten und zusammengeschnippelten Momentaufnahmen genau die richtigen montieren. Die Dänen haben das bisher wirklich gut gemacht, dieser Film aber kommt nicht an dieses Niveau heran, obwohl er einmal wieder gute Ideen und Ansätze hat, die, besser verwertet, sicherlich einen viel besseren Film ergeben hätten. (13.12.)