„Das Sams – Der Film“ von Ben Verbong. BRD, 2001. Ulrich Noethen, Christine Urspruch, Aglaia Szyskowitz, Eva Mattes, August Zirner, Armin Rohde
Paul Maars freches grünes Männchen, das an einem Samstag ausgerechnet bei dem schüchternen, bebrillten, introvertierten Einzelgänger Herrn Taschenbier landet und dessen Leben fortan gehörig in Wallung bringt und dem einst die Augsburger Puppenkiste schon ein unvergeßliches Denkmal setzte, ist in gewisser Weise eine Fortführung von Pippi Langstrumpf in etwas modernerem Gewand. Ein kleiner, unbändiger, unangepaßter, unschuldig-anarchistischer Störenfried in der um Ordnung und Ruhe bemühten Welt der Erwachsenen, und sicherlich ein lautstarker Komplize kindlicher Lebensauffassung und heimlicher kindlicher Sehnsüchte, obgleich weder im Roman noch im Film von Kindern die Rede ist. Das allein unterscheidet das Sams schon von anderen Klassikern der Kinderliteratur, zeigt aber auch, wie gut Paul Maar trotzdem eine Identifikationsfigur gelungen ist, wie vortrefflich er kindliche Wünsche, kindlichen Humor, kindliche Ansichten und kindliches Aufbegehren gegen die Großen im Sams zusammengefaßt und artikuliert hat.
So ein Film kann also sehr leicht mißlingen, wenn er nämlich an dieser Essenz vorbeigeht, wenn er sich mit den Oberflächenreizen – dem Slapstick, den Wunschpunkten und anderen Attraktionen – begnügt und nicht begreifbar macht, weshalb Kinder dieses Sams überhaupt toll finden sollten. Ich glaube ja sowieso, daß besonders Kinderfilme mit Respekt, Einfühlung und viel Sorgfalt gemacht werden müssen, sonst degenerieren sie rasch zu lieblosem, spekulativem Müll, was leider ja allzu häufig vorkommt, selbst in Zeiten, da schon Kinder zu attraktiven potentiellen Verbrauchern geworden sind und fleißig hofiert werden. In diesem Fall aber ist dies glücklicherweise nicht passiert, denn der Film ist sehr schön, sehr liebevoll, sehr witzig und dennoch auch nicht platt oder oberflächlich. Er bemüht sich schon gleich mal um eine ansprechende Optik und präsentiert und schöne Bilder aus Bamberg, dann hat Paul Maar selbst am Drehbuch mitgearbeitet und Highlights aus drei Roman so verbunden, daß es trotzdem nicht wie ein Schaulaufen der Höhepunkte aussieht. Nach einem etwas gemächlichen Anfang, der die Geduld vieler Kinder auf die Probe stellte (überhaupt würde ich eigentlich keine Kinder unter sechs oder sieben in den Film mitnehmen, denn für die jüngeren ist er einfach zu lang und erfordert zuviel Konzentration), steigert sich das Geschehen dann in einigen rasanten und wirklich sehr lustigen Szenen und ein paar ebenso lustigen running gags zu einem rundum unterhaltsamen und temporeichen Film, der es eben auch nicht versäumt, die sogenannten menschlichen Zwischentöne einfließen zu lassen. Das große Plus sind sicherlich die Schauspieler, die allesamt ganz hervorragend spielen, und es ist vor allem ein ganz seltener Genuß, solche Hochkaräter wie Noethen oder Mattes oder auch andere ernsthafte Leute in einem Kinderfilm zu sehen, wo sie sich mal so richtig lustvoll gehen lassen können, wo sie chargieren und übertreiben können nach Herzenslust, wo eine gute Karikatur gefragt ist, eben eine mit Niveau, und sowas kommt nur zustande, wenn man der Zielgruppe, den Kindern, echten Respekt entgegenbringt und das, was man da tut, ernst nimmt, auch wenn man viel Gaudi an der Sache hatte. Der Spaß ist allen Leuten hier deutlich anzumerken (auch die Sams-Darstellerin, die man natürlich keineswegs vergessen sollte, ist echt klasse), und so ist es wohl kein Wunder daß auch die Erwachsenen im Publikum auf ihre Kosten kamen, ich für meinen Teil genieße einen guten Kinderfilm wie diesen hin und wieder sehr gerne. (27.10.)