Freunde“ von Martin Eigler. BRD, 2000. Benno Führmann, Erdal Yildiz, Christiane Paul, Michael Gwisdek, Irene Kugler, Erhan Emre
Freunde sind Nils, Tayfun und Caro schon immer gewesen, schon als Kinder im Berliner Milieu, wo sie zwar nicht immer die stärksten waren, aber auch in der Niederlage zusammenhielten. Dann trennten sich ihre Wege: Nils und Caro waren ein paar, dann Caro und Tayfun. Nils ging zur Polizei und Tayfun blieb im Kiez, stieg ins Drogengeschäft ein. Bei einer Razzia treffen sich die beiden wieder – Nils schützt Tayfun und wird dadurch erpreßbar, soll das Milieu ausspionieren. Als Caro auch noch auftaucht, läuft der Konflikt auf zwei Ebenen weiter, letztlich zu einem unvermeidbaren Ende.
Eine echte Berliner Ballade, dunkel getönt, modern, großstädtisch und vor allem zutiefst fatalistisch. In dieser Konstellation, so wie sie uns vorgestellt wird, kann geschehen was will, ein schlimmes Ende kommt immer dabei heraus. Zu tief sind doch die Gräben zwischen dem deutschen Bullen und dem türkischen Drogenschieber und genauso zwischen zwei Männern, die um eine Frau werben. Daß diese Frau sich dann auch noch schwer tut mit der Entscheidung und mal zu dem, mal zu dem anderen geht, macht die Sache natürlich nicht gerade einfacher. Wen sie auch wählt, sie gerät automatisch in einen Gewissenskonflikt und weiß am Schluß nicht mehr weiter. Den Männern geht es ähnlich: Nils ist zwar ein Bulle, aber mehr noch ein Freund, ein Bruder Tayfuns. Der hat sich den Regeln auf dem Kiez verpflichtet und seine Interessen klar gewichtet, doch auch er wartet sehr lange, bis er sich gegen Nils stellt, der sich seinerseits verzweifelt dagegen wehrt, den Bruder verraten zu müssen als Preis für seinen Job. Dieses sehr intensive Spannungsverhältnis ist fast augenblicklich präsent und wird im Verlauf des Films immer wieder variiert, leicht verschoben und verlagert, ohne dabei aber an Spannung zu verlieren. Der einzig entbehrliche Nebenschauplatz in dem ganzen Film ist Nils‘ Verhältnis zu Rebecca, einer psychisch offenbar recht labilen Frau, die Nils‘ Gefühle für Caro früh erspürt, aber mit ihm nicht darüber reden kann. Das Reden, beziehungsweise das Nichtreden ist sowieso ein zentraler Aspekt des Umgehens der Menschen hier. Sie reden nie oder kaum miteinander, reduzieren ihre Mitteilungen aufs Sparsamste, lassen drängende Fragen mit Vorliebe unbeantwortet (bis man auch als Zuschauer schon ungeduldig zu werden beginnt), ziehen sich in urbane Einsamkeit zurück. Eine moderne Pose, ein Klischee des Film Noir vielleicht, doch in diesem Rahmen sehr glaubwürdig verkörpert und überaus stimmig in Szene gesetzt. Alle Darsteller sind exzellent, die trüben, kargen Bilder passen perfekt zu der Geschichte und ihrer Essenz, und auch wenn man rechtzeitig ahnt, wie es ausgeht (einer wird sterben, mindestens, nur weiß man noch nicht gleich, wer), so erzeugt die sehr temporeiche Dramaturgie einen Sog, der uns bei Laune und in Atem hält. Und ganz zum Schluß, wenn die drei ein letztes Mal nah zusammen sind, um den sterbenden Nils zu verabschieden, sieht man die große Klammer hinter den Bildern, erinnert man sich an die drei Kinder, wie sie schon einmal zusammen am Boden lagen, vor etwa zwanzig, fünfundzwanzig Jahren. Damals hatten sie nur einen Spielball verloren, diesmal hat einer sein Leben verloren. Vielleicht eine schlichte Quintessenz, aber mich hat es doch bewegt. (25.3.)