„Jetzt oder nie“ von Lars Büchel. BRD, 2000. Gudrun Okras, Elisabeth Scherer, Christel Peters, Corinna Harfouch, Martin Semmelrogge

Die drei alten Damen aus dem Mecklenburgischen haben acht Jahre lang mit allen Tricks Geld zusammengespart, um sich den letzten, den größten, und wie man glauben darf, den einzigen großen Wunsch ihres Lebens zu erfüllen: Eine große Seereise irgendwo in den Süden. Just als sie das Kleingeld in große Scheine ummünzen wollen, wird aber die Bank überfallen und die Kohle ist futsch. Immerhin lassen sie sich so zu ihrem großen Coup inspirieren, der zumindest zwei von ihnen auf allerhand Umwegen doch ans Ziel, sprich auf hohe See führt, auch wenn die Umstände nicht ganz mit ihren ursprünglichen Vorstellungen übereinstimmen.

 

Eine witzige, romantische und mitunter auch ganz schon scharfzüngige kleine Komödie mit stark melancholischer Färbung, die vor allem die weniger glamourösen Seiten des Alterns betont: Eine der drei Damen lebt bei ihrem schmierigen Sohn und wird von ihm gnadenlos ausgenommen. Die zweite lebt bei ihrer schnippischen Tochter, die zu ihrer kantigen Mama auch nicht gerade das innigste Verhältnis zu haben scheint. Die dritte dann vegetiert in einem gruseligen Altenheim vor sich hin, wird zusammen mit den anderen bemitleidenswerten Bewohnern übel drangsaliert und schikaniert und soll schlußendlich in die Obdachlosigkeit getrieben werden, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen kann. Trotz der absichtsvoll und klischeehaft überzogenen Darstellung eine wahre Wonne für alle Altenpfleger, die mittlerweile bis zu beiden Ohren in unauflösbarer Haßliebe zu ihrem Beruf versunken sind. Doch statt zu klagen und zu resignieren, schlagen die Damen zurück, klauen wo sie können, nutzen ihr harmloses Äußeres, und als eine von ihnen die Diagnose Krebs im letzten Stadium erfährt, können sie fortan nach der Devise „wir haben eh nicht mehr zu verlieren“ verfahren, was sie ermutigt, auch die letzten Ängste über Bord gehen zu lassen. Dankenswerterweise verzichtet der Regisseur auf billigen, platten Klamauk, setzt dagegen auf frechen, verschmitzten Humor und die Gesichter seiner tollen Hauptdarstellerinnen, mit denen er wirklich einen guten Fang getan hat und die selbst so arrivierte Leute wie Harfouch und Semmelrogge zu Statisten degradieren. Klar geht es um Dinge wie Würde, auch im Alter seinen Spaß haben (wozu selbstverständlich Sex gehört), sich dagegen wehren, abgeschoben und erniedrigt zu werden, aber es geht auch um die große Freundschaft, wo man sich gegenseitig aus dem Sumpf zieht, aus der Gefahr, in der Vergangenheit und seligen Erinnerungen zu versacken, aufzugeben, nur noch an den baldigen Tod zu denken, sich klein zu machen undsoweiter. Es gibt neben den erwähnt karikaturartigen und im Ton auch nicht immer ganz stimmigen sehr viele ruhige, intime Momente, in denen der Film stark gewinnt und beweist, daß er auch auf das letzte bißchen Spektakel gut und gerne hätte verzichten können. Alles in allem: Sehr unterhaltsam, gar nicht übel. (17.1.)