„Paradiso“ von Rudolf Thome. BRD, 1999. Hanns Zischler, Cora Frost, Adriana Altaras, Sabine Bach, Khyanar El Bitar, Irm Hermann, Isabell Hindersin, Amelie zur Mühlen

Zu seinem Sechzigsten lädt der Komponist Adam die sieben Frauen ein, die in seinem Leben eine Rolle spielten: Drei Ehefrauen, die aktuelle inklusive, und vier Geliebte, dazu noch seinen Sohn aus erster Ehe, den er noch nie sah und einige Freunde. Sieben Tage lang hält sich die Gesellschaft in einem schönen Haus an einem schönen See im schönen McVopo auf und dabei tritt so manche Disharmonie zutage, doch letztlich trennt man sich versöhnlich und friedlich.

 

Ein zunächst mal überaus ruhiger, sehr ausgewogen konstruierter, vortrefflich gespielter und schön fotografierter Film, der sich Zeit und Muße nimmt, von seiner Atmosphäre lebt und davon, daß er sich, ganz wie es Thome eigentlich immer tut, ganz auf die Menschen und ihr Miteinander konzentriert. Thomes Filme haben dabei oft etwas Französisches, können sehr delikat, luftig und kokett sein, wirken häufig spontan und improvisiert, manchmal jedoch unterläuft ihm auch schon mal ein kapitaler Langweiler, aber nicht in diesem Fall. Mit viel Gefühl, wobei glücklicherweise die dezenten, leisen Töne angeschlagen werden, und präziser Beobachtungsgabe wird die sehr empfindliche Balance dieser vielen Frauen um Adam ausgeleuchtet, und wo man ein schrilles Spektakel hätte befürchten können, herrschen diskrete Ironie und stillschweigende Sympathie für alle Beteiligten, besonders auch die Frauen. Mal könnte man von weiblicher Solidarität reden – immerhin hatten sie alle mal was mit diesem Macho, oder haben es immer noch und immerhin sind die meisten von ihm betrogen und/oder verlassen worden -, mal aber auch von typisch weiblichem Gezicke, wenn hier und da ein paar spitze Töne fallen, ein paar schnippische Anspielungen, wenn jede einzelne versucht, ihre Bedeutung in Adams Leben deutlich herauszuheben, bzw. die aktuelle Frau, die passenderweise Eva heißt, versucht, ihren Claim abzustecken und die Konkurrentinnen auf Distanz zu halten. Zu Handgreiflichkeiten kommt es aber nur zwischen Adam und seinem Sohn Billy: Der reagiert den ganzen, in fast dreißig Jahren aufgestauten Frust über den abwesenden Vater ab, indem er dem Alten einen dicken Ast über den Schädel zieht. Danach ist die Luft zwischen ihnen bereinigt und sie können neu aufeinander zugehen. Gelt, Mädels, so einfach geht das bei Männern! Insgesamt balanciert der Film also geschickt auf dem Grat zwischen leichter Sommerbrise und tiefgründigem Beziehungskram, wobei viele sich sicherlich auch daran stören dürften, daß das Ganze sehr nach Männerphantasie riecht: Ein Patriarch, umgeben und umworben von gleich sieben Frauen, die er fast nach Belieben im Griff hat, die er fast alle mies behandelt hat, die jetzt aber alle gern seiner Einladung folgen und noch immer wie Motten um ihn herumschwirren. Darin liegt aber auch ein Reiz des Films, in seiner gelassenen, selbstbewußten Doppelbödigkeit, denn natürlich verkörpert Zischler zum einen den eitlen, egozentrischen, gedankenlosen Künstler, der alle Menschen um sich herum nur benutzt, andererseits aber verkörpert er ebenso überzeugend einen sympathischen, charmanten und unkonventionellen Eigenbrötler, und es ist für den Zuschauer schwerlich möglich, ihn auf eine der beiden Rollen festzulegen, denn er hat beide in sich, meistens zu gleichen teilen, und der Schauspieler Zischler versteht es glänzend, uns beide Teile nahezubringen, ohne unser Urteil zu sehr manipulieren zu wollen. Ein insgesamt also schön anzuschauender, unterhaltsamer Film, der sogar auch noch den Verstand beschäftigt. (22.8.)