„Saltwater“ (#) von Conor McPherson. Irland, 1999. Peter McDonald, Conor Mullen, Brian Cox

Papa Beneventi und Söhne unterhalten ein kleines Take-away am Rande Dublins. Papa hat Sorgen, sprich einen Haufen Schulden beim lokalen Buchmacher und Oberarschloch. Sohnemann Frank, der hinter der Theke steht, ist mächtig sauer über die tägliche Erniedrigung und drängt auf eine Lösung. Sohnemann Joe pubertiert lieber und sucht nach einem Weg, endlich Kontakt zum anderen Geschlecht herzustellen. Und der Schwiegersohn, ein Uniprofessor namens Sullivan, versucht sich aus einer kompromittierenden Affäre rauszustehlen und gleichzeitig so viel Alkohol wie eben möglich wegzukippen. Wie man sich leicht denken kann, geht’s drunter und drüber, als jeder der drei einschneidende Erlebnisse zu verzeichnen hat: Frank raubt unter ziemlich abenteuerlichen Bedingungen besagten Buchmacher aus, und auch die besonders intensiven, mal zart flirtenden, mal kühl mißtrauischen Blicke der Sergeantin am Ort können ihn nicht aus der Reserve locken. Joe wird fälschlich der Vergewaltigung bezichtigt, kann die Sache aber klarstellen und sich dem Mädchen ernstlich nähern. Und der Herr Professor hat seinen großen Auftritt, eine gigantische Kotzerei, vor versammeltem Hörsaal, und der lästigen Mieze kann er sich letztlich auch noch entledigen. Nur Paps durchschaut bis zum Schluß nicht so ganz, was da eigentlich im einzelnen alles abgelaufen ist.

 

Eine sehr irische Tragikomödie, die sich aber zum Glück mal wieder weniger um die Postkartenwerte der Landschaft schert und sich mehr auf die Menschen konzentriert. Diese Menschen wiederum, und das ist schon das zweite Glück, werden nicht (wie schon x-mal geschehen) als rothaarige, putzig hinterwäldlerische und liebenswert skurrile Werbeklischees à la Kerry Gold oder Guinness is good for you denunziert, sondern als wirkliche Menschen dargestellt, soll heißen als Menschen, mit denen man sich ernsthaft auseinandersetzen kann, mit denen man sich identifizieren mag oder nicht, die man jedenfalls nicht von vornherein als platte, herablassende, anbiedernde Stereotypen abhaken muß. Der Film schwankt nach guter Tradition zwischen glänzendem Wortwitz, derbem physischen Humor und einer gesunden Prise Ernsthaftigkeit, denn es geht schließlich neben all den merkwürdigen Kleinigkeiten des Alltags um die großen Fragen des Lebens, um Stolz, Unabhängigkeit, Liebe, Sex, Ehrlichkeit, Treue und was sonst so anfallen mag, und wann immer es Grund zum Kichern gibt (was recht häufig vorkommt), wird man sogleich daran erinnert, daß dieses Kichern in sehr vielen Fällen erkauft werden muß durch Schmerz, Lüge, Gewalt, Mißverständnisse, und wird man ferner daran erinnert, daß das hier vorgestellte Leben, egal was viele der herkömmlichen irischen Folklorefilmchen uns naive Deppen glauben machen wollen, ganz und gar nichts Romantisches an sich hat. Das soll jetzt nicht bedeuten, daß man nicht auch lachen darf über das launige Schicksal der Familie Beneventi, ganz im Gegenteil, man sollte nur den Respekt vor diesen Leuten nicht verlieren, und der Film sorgt durch seine zurückhaltende und im Grunde recht ernsthafte Erzählweise genau dafür. Wenn die Iren sich selbst verraten und demütigen durch alberne, biedere, peinliche Komödchen, dann sind sie unerträglich. Wenn sie aber, so wie hier, zurückfinden zu ihren klassisch einfachen und schönen Balladen, die ganz ohne Kitsch und Prätentionen auskommen (Joe Comerford beispielsweise konnte das auch - wo ist der eigentlich abgeblieben?), sind sie unschlagbar. Bleibt nur die bange Furcht, daß die vielen Touris lieber Filme aus der ersten Kategorie sehen wollen. (29.10.)