„8 femmes“ (8 Frauen) von François Ozon. Frankreich, 2001. Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Fanny Ardant, Danielle Darrieux, Virginie Ledoyen, Emmanuelle Béart, Ludivine Sagnier, Firmine Richard
Wie man mittlerweile weiß, besteht die Hälfte der Menschheit aus Frauen. Daran ist nun mal nichts zu ändern, man findet sich besser damit ab und schaut, was man mit dieser furchtbaren Tatsache anfängt. Von Land zu Land läuft das recht verschieden ab: Die Araber verschleiern sie, die Russen stopfen sie in Uniformen oder Bauerntrachten, die Japaner halten sie rätselhaft und tiefgründig, die Schweden nehmen sie ganz ernst und erforschen ihre tiefsten Untiefen, die Deutschen behaupten doch tatsächlich, daß sie etwas Wunderbares seien (strafen diese These aber mit ihren eigenen Schauspielerinnen sogleich Lügen), die Brits wissen noch immer nicht, was sie von der Sache halten sollen, die Amis wälzen sich zwischen Bigotterie und Domestizierung à la Doris Day, und eigentlich sind es nur die Südeuropäer, die ihre Frauen immer mal wieder feiern: Die Italiener auf deftig volkstümliche Weise, die Spanier entsprechend ein wenig dunkler und abgründiger, und die Franzosen aus voller Seele, mit viel Genuß und Hingabe. Truffaut war einer von ihnen, und er hat aus seiner Leidenschaft keinen Hehl gemacht, und auch in diesen kalten Zeiten kommt ein solcher Film mal wieder recht als Balsam für die sogenannte Seele. Einfach mal bequem hinsetzen und reine, wunderbare Unterhaltung genießen: Witzig, spannend, erotisch, zickig, launisch, unberechenbar, naja, eben ein Film über Frauen. Wie man den Titel unschwer entnehmen kann, sind es acht, die sich da in einem verschneiten Landhaus treffen, um im Kreise der Familie ein trautes Weihnachtsfest zu verbringen: Mama und Papa, zwei Töchter, eine Oma, eine Tante und zwei Hausmädchen. Zweierlei Dinge werden die geplante Harmonie stören: Paps wird mit einem Messer im Rücken vorgefunden, und seine Schwester, eine Dame mit denkbar schlechtem Ruf, kreuzt auch noch auf und mischt die ohnehin reichlich gereizte Damenschaft noch zusätzlich auf. Die Frage: Wer war’s? wird minütlich schwerer zu beantworten, denn wie sich bald herausstellt, hätte jede der acht Frauen ein gutes Motiv gehabt, um den alten Unsympathen unter die Erde zu befördern...
Ozon, der erstaunlicherweise zuvor den beeindruckenden, sehr ruhigen und langsamen „Unter dem Sand“ inszeniert hat, setzt hier ganz auf Schwung, auf Temperament, auf ausgelassene Lust an der Selbstparodie, auf das Kokettieren mit dem eigenen Image und auch auf den Spaß, jenseits aller anspruchsvollen Arbeit einfach mal wieder albern und sexy und fies sein zu dürfen. Mühsam wird die Fassade hochgehalten, aber dann bröckelt‘s doch wieder an irgendeiner Stelle, Haß, Wut, Eifersucht, Hysterie brechen zum Vorschein, neue Geheimnisse werden enthüllt, neue verborgene Wahrheit drängen ans Tageslicht, immer mehr Lügen entlarven sich und immer verwirrender wird die Angelegenheit für uns und auch die Damen auf der Leinwand. Die acht Frauen sind sämtlich hinreißend, jede spielt ihre Stärken auf ihre Weise aus, und jede hat zudem noch die Gelegenheit, sich mit einen Chanson zu profilieren und in einem kurzen Soloauftritt zu zeigen, was man so drauf hat. Es geht hier nicht um einen Kammerspiel-Krimi, wahrscheinlich nicht mal um eine Parodie eines solchen, und auch nicht um einen Emanzenfilm in irgendeiner Form, es geht primär darum, daß ein paar große (ältere und jüngere) Stars des französischen Films einen Flirt mit dem Publikum haben, ihre gewohnten Bahnen entweder bravourös verlassen (wie zum Beispiel Huppert, die mal so richtig auf die Pauke haut) oder aber eine souveräne, ironisch ins Klischee abschwenkende Galavorstellung geben (wie Darrieux, Deneuve oder Ardant). Die Jungen sind da etwas direkter, betont artig und hochgeschlossen wie Ledoyen, oder ebenso betont sexy und verführerisch wie Béart, aber sie alle hatten, das sieht man in jeder Szene, einen Mordsspaß, und genau den haben wir auch und deshalb gibt es diesen fabelhaft unterhaltsamen, geistreichen, umwerfend witzigen Film. Daß man nachher in Bezug auf diese eigenartige Geschlecht kein bißchen klüger ist, sollte jedem einleuchten. Aber - wann wäre man(n) das schon? (11.7.)