„Black Hawk down“ (#) von Ridley Scott. USA, 2001. Josh Hartnett, Ewan McGregor, Tom Sizemore, Eric Bana, William Fichtner, Ewen Bremer, Sam Shepard
Im schönen Mogadischu war’s, anno 1993, da wiederholte sich für die US-Army ein Stückchen Militärgeschichte: Was anfing wie ein kurzer, simpler Einsatz gegen einen Herrn Aidid und seine Schergen, die die eigenen Landsleute hungern lassen bzw. gleich selbst erschießen, uferte aus in ein grausames Gemetzel, an dessen Ende sehr viele Menschen gestorben und die US-Pläne gescheitert waren. Einmal mehr peinlicher Gesichtsverlust vor den Augen der Welt, einmal mehr war die militärische Supermacht schlechthin gedemütigt worden von einer Handvoll Rebellen, waren die stramm gedrillten Boys überrascht worden in einem Guerillakrieg, der sich nur dadurch von Vietnam unterschied, daß der Dschungel diesmal aus Lehm und Stein war und natürlich durch die Hautfarbe der allgegenwärtigen Killer. Das läßt sich denn auch ganz ähnlich erzählen wie einst Vietnam: Man schicke die unerfahrenen, blutjungen Kerle geradewegs rein in die Hölle, lasse sie dort untergehen, lasse sie um ihr Leben rennen, meucheln, zappeln, flehen, lasse sie zwischendrin auch mal nach dem Sinn dieser ganzen Scheiße forschen und entlasse sie abschließend mit der einen, der zentralen Erkenntnis aller amerikanischen Filme über Krieg: Wenn dir rechts und links die Brocken um die Ohren fliegen, schert dich deine Mission einen Dreck, da geht’s nur noch um den Kameraden an deiner Seite. Jau.
Ridley Scott nun, was ja ein wirklich in vielen Genres erfahrener Regieprofi ist, hat sich an diese simple Devise gehalten, und genau so einen Film gemacht. Es fliegen in der Tat reichlich Brocken durch die Gegend, und nach einer kurzen Weile fragt kein Schwein mehr nach Sinn und Zweck der Übung, es geht bloß noch ums blanke Überleben. So oder ganz ähnlich ging es neulich noch in „We were soldiers“ zu, so geht’s in fast allen anderen Kriegsfilmen aus der Fabrik Hollywood zu. Krieg scheint ein Naturereignis zu sein, ein Phänomen, das es halt gibt, dem man sich männlich, stark und aufrecht stellen muß, dessen Gesetze man zu lernen und zu respektieren hat, Krieg ist aber andererseits auch eine der wenigen verbliebenen Betätigungen, die aus einfachen Kerlen echte Helden machen können. Und Helden bedeuten den Amis bekanntermaßen eine Menge. Auch der Einsatz in Somalia, im Vorspann in knappen Worten umrissen und begründet, wird in keiner Weise hinterfragt, kritisiert, ausgelotet. Zwar muß am Schluß ein General seinen Platz räumen, weil er vielleicht das Risiko der ganzen Operation falsch bewertet hat, doch wird er im gesamten Film immer als kerniger, aufrechter alter Kämpe gezeigt, dem es bis zuletzt hauptsächlich um das Wohl seiner Jungs zu tun war. Zwar lassen bei dem Einsatz 19 US-Boys ihr Leben, doch reißen die immerhin an die tausend Skinnies (nicht mehr Gooks also, sondern Skinnies) mit in den Tod, und weil drei Jahre später der Herr Aidid dann auch ins Gras beißt, war das alles doch nicht ganz umsonst. Auch dies trifft auf die überwiegende Zahl amerikanischer Kriegsfilme zu: Krieg immer nur als sinnliche Erfahrung, nie als Ergebnis politischer, taktischer, wirtschaftlicher Kalkulationen. Der Vorwurf an amerikanische Filme, sie seien geschichtslos, hört sich vielleicht arrogant an, doch er trifft einfach zu, anders kann man es nicht ausdrücken. Auch Scott outet sich ganz als Kommerzregisseur, der auf Nummer sicher geht und seine ganze technische Versiertheit in die Waagschale wirft, um uns zweieinhalb Stunden lang eine knallige Achterbahnfahrt zu servieren, die uns mal wieder so richtig mitten rein wirft ins Schlachtgetümmel. Und da sind wir dann, fast zwei Stunden lang, heften wir uns an die Fersen der versprengten, auf sich gestellten, verzweifelt von Haus zu Haus kämpfenden Rangers, die von allen Seiten attackiert, von oben, unten, rechts und hinten beschossen werden, und die, statt den Aidid rauszuholen und endlich für Ruhe zu sorgen, nur noch ums nackte Leben kämpfen. Modernste Kameratechnik, schicke Soundeffekte und effektvolle Set Designs sorgen für ein Rundumerlebnis, das uns beinahe das Gefühl gibt, selbst dabei zu sein im Krieg, selbst unter Feuer zu stehen und selbst das Blut des Nachbarn abzukriegen, wenn mal wieder ein paar Körperteile herumfliegen. Herr Spielberg hat es vor ein paar Jahren mit seinem ähnlich hohlen und zweifelhaften Private-Ryan-Film vorgemacht, und nun drängen die Nachahmer auf den Markt und die, die beweisen wollen, daß sie es noch besser, noch echter, noch authentischer können. Das ist natürlich nichts für Ästheten, sondern nur was für hartgesottene Konsumenten, aber wer von uns wäre das nicht heutzutage, wo ähnliche Szenen schon zur Normalität geworden sind. Krieg als Live-Event läßt sich einerseits den Actionjunkies gut verkaufen und hat daneben den Vorteil, daß ein jeder am Schluß so betäubt ist, daß niemand mehr dumme Fragen stellt, und bis man das Hirn wieder angekurbelt hat, ist der ganze Film schon wieder in Vergessenheit geraten. So einfach ist das Rezept: Eine deftige Schlachtplatte mit reichlich Wildwestgeballer, ein paar gut verteilte patriotisch-kernige Töne zwischendurch, ein bißchen Sentimentalität, wenn’s ans Sterben geht und möglichst viel Lautstärke, Pyrotechnik und anderer Firlefanz, und schon beschwert sich niemand mehr über die nervtötende Schwarzweißmalerei, über die krassen Vereinfachungen, die politischen Verzerrungen, das dämliche Pathos, die bemerkenswerte Oberflächlichkeit des Films allgemein. Dieses Produkt kalkuliert genau wie alle anderen auf diesen Effekt, und die erstaunlichen Einspielergebnisse drüben in den Staaten geben den Machern Recht. Es reicht, an die niederen Instinkte zu appellieren, und um sage und schreibe 19 Amis zu weinen, wo auf der anderen Seite anonym und mißachtet mehr als tausend Leute ihr Leben lassen, aber das hatten wir ja auch schon in Vietnam: Charlie starb millionenfach, aber der war ja auch der Böse und hatte es folglich verdient. Skinnie ist nun genauso mies wie einst Charlie, und deshalb schickt man diese Punks mit Kopftüchern reihenweise zur Hölle und bejammert dann die 19 US-Toten einzeln mit Namen im Abspann. Zum Kotzen. Für Ridley Scott eine Bankrotterklärung, falls er die überhaupt noch nötig hatte. (14.10.)