„The discovery of heaven“ (Die Entdeckung des Himmels) von Jeroen Krabbé. Holland, 2001. Stephen Fry, Greg Wise, Flora Montgomery, Neil Newborn
Es beginnt damit, daß Gott im Himmel die Geduld mit der Menschheit an sich verliert: Ein gescheitertes Experiment, in das auch fürderhin zu investieren sich nicht lohnen würde. Also gibt er den ganzen Haufen auf und möchte gern die Gesetztafeln zurückhaben, die er einst Mose aushändigte als Leitfaden für das menschliche Zusammenleben auf Erden. Er hat ja nicht ganz Unrecht damit: Diese Tafeln sind längst nicht mehr den Stein wert, aus dem sie geschaffen wurden. Er beauftragt also einen Engel, den Job durch einen irdischen Vertreter ausführen zu lassen. Die Wahl fällt just auf ein paar nette junge Leute aus Holland, die eigentlich nichts weiter im Sinn haben, als anno 1967 ein wenig auf die Barrikaden zu gehen und ansonsten eine gute Zeit zu haben. Der Engel zieht von oben die Fäden, das Schicksal nimmt den vorbestimmten Verlauf: Zwei ganz verschiedene Männer finden sich zu einer unzertrennlichen Freundschaft, die auf eine dauerhafte Probe gestellt wird, als ein schönes Mädchen zwischen sie tritt und sich natürlich beide in sie verlieben und sie natürlich auch mit beiden schläft. Weibliche Berechnung – sie tut’s so kurz nacheinander, daß die daraus resultierende Vaterschaft theoretisch beiden Freunden zugesprochen werden könnte. Und dann trennen sich ihre Wege, die Frau verliert bei einem Unfall ihr Leben, das Kind wächst heran und ist schließlich dazu bestimmt, in Jerusalem den gottbefohlenen Job zu vollenden. Allein der Engel droben hat Mitleid mit dem Gewürm auf Erden und beschließt, doch zur Rettung der Menschenbrut hinabzusteigen.
Manchmal mag man einen Film als Ganzes, manchmal aber auch nur aufgrund eines besonders gelungenen Teils, egal ob vorn, mittig oder gegen Ende. Dies ist ist so ein Fall, genauer gesagt ein Fall für den Anfangsteil, wenn ich das Vorgeplänkel im Himmel mal weglasse. Jene Szenen aus jungen holländischen Jahren, vom Kennenlernen der beiden Männer, ihrer tiefen Freundschaft trotz aller Gegensätzlichkeit, vom Kennenlernen der schönen Cellistin, vom Überschwang der Gefühle, vom stillen Neid, davon, wie das Glück sich zu wenden scheint, um dann wieder umzuschwenken und so weiter, all dies ist sehr schön dargestellt, poetisch, erotisch, leichtherzig, charmant, elegant. So einen Film kann man sehr gut auch über zwei Stunden anschauen, wenn es denn dabei geblieben wäre, aber ach, es ist leider nicht dabei geblieben, denn es gibt ja da noch den Schlußteil, der sich dann eher auf den Sohn oder den Ersatzmessias oder wen auch immer konzentriert und darauf, wie er seiner Bestimmung zueilt. Und was zuvor so witzig und leicht daherkam, wird nun plötzlich symbolschwer, bedeutungsgeladen, irgendwie verquer. Der Film hört auf, sich auf die Menschen zu konzentrieren und setzt lieber auf Effekte, auf Mystik und zeigt eigentlich erst jetzt, wie schwer es wieder mal ist, Literatur umzusetzen. Ich kenne Harry Mulischs Roman leider noch nicht, gehe aber sicher davon aus, daß sich die Geschichte sprachlich viel besser und konsequenter erzählen läßt als filmisch, denn da ist Herrn Krabbé zum Schluß nicht viel mehr eingefallen als lautes Theater mit einigen Längen drin. Wer sich also dazu entschließt, schon nach anderthalb Stunden zu gehen, wird den Film in sehr viel besserer Erinnerung behalten als der, der wieder mal bis zu Ende aushält und zumindest diesmal nicht dafür belohnt wird. Die guten Schauspieler versinken, das Mitgefühl der Zuschauer auch, man schaut halt weiter zu, bleibt aber unberührt, zumindest ging es mir so, ich verlor einfach das Interesse am Geschehen, weil es (buchstäblich) zu abgehoben wurde. Vielleicht ist ja der Roman auch so, dann würde er mich ebenfalls nicht recht überzeugen. Aber ausprobieren werde ich es doch wohl eines schönen Tages mal. (23.12.)