„Une hirondelle a fait le printemps“ (Eine Schwalbe macht den Sommer) von Christian Carion. Frankreich, 2000. Michel Serrault, Mathilde Seigner, Jean-Paul Roussillon, Marc Berman

Sandrine schockt ihre Mutter, indem sie ankündigt, ihren Job als Internet-Trainerin und auch die Stadt Paris zu verlassen und lieber Landwirtin lernen zu wollen. Sie setzt ihr Vorhaben in die Tat um und landet ganz weit draußen auf einem einsamen Hof in zwar großartiger, aber auch recht unzugänglicher Umgebung. Der Besitzer, der seit dem Tod seiner Frau dort ganz allein haust und entsprechend wenig gesellig wirkt, verkauft ihr Haus und Hof unter der Bedingung, daß er dort noch anderthalb Jahre wohnen darf, bis eine Unterkunft in Grenoble frei wird. Natürlich haben es die beiden miteinander schwer: Der mürrische, eigensinnige, vom Wetter und der harten Arbeit gegerbte Erzbauer und die forsche, ideenreiche Städterin mit dem Diplom in der Tasche, aber ohne viel praktische Erfahrung. Die wird sie auf die eine oder andere Weise sammeln und daran reifen, genau wie auch er lernen wird, andere Menschen zu akzeptieren und auch zu mögen, und dies sogar zu zeigen.

 

Natürlich ist der Film sowohl in seinen Inhalten als auch in seinen Absichten total vorhersehbar und gar nicht neu: Zwei völlig verschiedene Menschen, beide auf ihre Art starke und dickköpfige Typen, sind durch die Umstände mehr oder weniger dazu gezwungen, sich zu arrangieren, miteinander klarzukommen und letztlich auch zuzugeben, daß sie einander brauchen und mögen. Auf der einen Seite der alteingesessene, konservative, längst in allen Anschauungen erstarrte Mann der Praxis, der glaubt, daß man ihm auf seine alten Tage nichts mehr beibringen und vormachen kann. Dort das junge Ding frisch von der Akademie, voller Flausen im Kopf, emanzipiert, spontan und unvoreingenommen aber ohne rechtes Gefühl für das Leben des anderen. Dies hat man schon in –zig verschiedenen Varianten erlebt, mal drastisch, mal klamottig, mal heftig, mal eher hintergründig, wobei sich dieser Film eher den ruhigeren Vertretern zuordnen läßt, was zumindest für mich doch eine angenehme Überraschung war. Er setzt nämlich keineswegs auf die wohlfeile, bequeme leichte Heiterkeit und Gefühligkeit, sondern bleibt zurückhaltend, etwas sperrig, und auch der Humor ist eher trocken und verschmitzt. Erst langsam lösen sich die Barrieren, überwindet vor allem er seinen Patriarchenstolz, gibt mehr von sich, seiner Geschichte, seinen Gefühlen preis und gewinnt damit zugleich auch ihre Zuneigung, denn auch sie war gleich recht zickig auf Distanz gegangen, fest davon überzeugt, daß er den ersten Schritt tun müßte. Serrault und Seigner sind beide ganz ausgezeichnet in ihren Rollen, und auch sie halten sich zurück, geben sich introvertiert und passen sich hervorragend dem allgemeinen Ton des Films an. Der, und darauf durfte man sich auch wirklich freuen, in grandiosen Landschaftspanoramen schwelgt, ohne dabei das Landleben als rein fotogenes Idyll zu verharmlosen. Die Bilder erzeugen sehr wohl Stimmungen, die in Relation zu Handlung stehen: Mal drücken sie Sandrines Sehnsucht nach Freiheit, Stille und Ungebundenheit aus, mal stehen sie für den noch immer harten Kampf mit der strengen Natur und mal machen sie auch die negative Seite dieser Einsamkeit nachfühlbar, wenn sich nämlich die Stadtpflanze, die an Gesellschaft, an Leben und Geräusche gewöhnt ist, abends in all der dröhnenden Stille das Radio anmacht, damit überhaupt etwas hörbar ist und sie nicht den Eindruck haben muß, der einzige Mensch auf dem Planeten zu sein. Auch der Kleinkrieg mit dem sturen, grimmigen Bauern gibt hier wenig Slapstick oder Platitüden her, sondern er läuft eher auf psychologischer Ebene ab, was von beiden Darstellern superb gespielt wird. Sie verbirgt ihre Unsicherheit anfangs genauso hinter hektischer, übereifriger Betriebsamkeit, die dann oft genug ins Leere läuft, wie er sich hinter seiner ungefälligen, uncharmanten, rauhen Schale verkriecht, um ja nicht seine Neugier und vielleicht auch mehr zu verraten. Denn immerhin ist Sandrine eine hübsche junge Frau, und sowas hatte der alte Knabe schon ganz lang nicht mehr um sich. Ein Film also, der natürlich gute und nette Unterhaltung in äußerst schöner Verpackung ist, der aber auch etwas mehr sein darf und sich nicht allzu sehr beim Publikum anbiedert, was man ihm durchaus hoch anrechnen könnte. (13.8.)