„The importance of being Ernest“ (Ernst sein ist alles) von Oliver Parker. England, 2002. Rupert Everett, Colin Firth, Frances O’Connor, Reese Witherspoon, Judi Dench, Anna Massey, Tom Wilkinson

Herr Parker hat sich wohl gedacht, was einmal gut geht, muß auch beim zweiten Mal klappen. Gottlob hat der olle Oscar Wilde mehr als ein Theaterstück verfaßt, und also schnappe man sich das bekanntere, eh schon ein paar mal verfilmt, und mache daraus einfach noch einen Film. Einer mehr oder weniger kann ja nicht schaden, und außerdem schwimmt man momentan so günstig auf der Welle mit. Salonplüsch made in England, fein gewürzt mit Bonmots en masse, Charme, Witz und Eleganz, veredelt durch hohe Literatur, routiniert dargeboten von illustren Darstellern. Nur Vollidioten können unter solchen Voraussetzungen etwas falsch machen, und da der Herr Parker zumindest sein Handwerk ganz ordentlich beherrscht, ist wieder einmal alles gut gegangen, der Zuschauer geht zufrieden und beschwingt nach Haus, die Muse klingelt, die Kasse auch, und der beachtliche Kanon englischer Literaturfilme ist um ein gepflegtes Ausstellungsstück reicher.

 

Das schöne an diesem zeitlosen Geniestreich von Oscar Wilde ist ja, daß man es so oft sehen kann wie man will, man wird sich höchstwahrscheinlich niemals damit langweilen. Immer wieder bestechen die Pointen, perlt die geistreiche, ironische, freche Sprache, amüsieren die turbulenten Verwicklungen, begeistert der reine Esprit dieses Autors. Ein Filmemacher hat im Prinzip nicht mehr zu tun, als diesen Esprit möglichst ungefiltert auf die Leinwand zu retten, sich selbst also so weit wie möglich zurückzuhalten, um nicht den Blick auf das Werk zu verstellen. Nichts ist lästiger, als Typen, die sich für noch begabter halten als die Autoren, und ihre eigenen Geistesblitze fett und aufdringlich nach vorne schieben. Für so etwas ist Parker entweder zu bescheiden oder zu respektvoll, er hat jedenfalls wenig getan, um das Stück irgendwie zu „aktualisieren“, er hat den äußeren Rahmen beibehalten, das alte London, die alte Gesellschaft mit ihren Riten und Sitten, was ja auch Sinn macht, denn nur in diesem Kontext funktioniert das Stück. Also schwelgt man in prachtvollen Salons, in herrlichen Herrensitzen mit noch herrlicheren englischen Gärten, in ausladenden Kostümen und in merkwürdigen Gebräuchen. Zugleich ist man der Komplize Oscar Wildes, teilt seinen satirischen, spitzen Blick auf diese Leute und ihre Moralvorstellungen, macht sich gemeinsam mit ihm über sie lustig und genießt die Ränkespiele zwischen Männern und Frauen mit ihren geheimnisvollen, noch immer gültigen Gesetzen. Der Film ist keineswegs ein Ausbund an inszenatorischer Inspiration, aber er ist solide und effektiv gemacht, weiß die Pointen richtig zu betonen, nicht zu lang vor allem und er hat die passenden Schauspieler, die süßen, etwas zickigen Mädels, die charmanten Boys, die knorrigen Charaktertypen und inmitten die grandiose Judi Dench, die mit minimaler Mimik alle an die Wand spielt. Man weiß, was man zu erwarten hat, und man wird nicht enttäuscht, man kriegt nicht mehr, aber auch nicht weniger als gewohnt, und je nach Veranlagung kann man also über die kommerzielle Routine solcher Produkte schimpfen, oder sich einmal mehr einfach nur gut und zünftig amüsieren. Hab ich gemacht. (25.9.)