„Italiensk før begyndere“ (Italienisch für Anfänger) von Lone Scherfig. Dänemark, 2000. Anders W. Berthelsen, Peter Gantzler, Lars Kaalund, Ann Eleonora Jörgensen, Anette Stövelbæk, Sara Indrio Jensen
Italienisch für Anfänger wird einmal in der Woche gegeben in einer Kirchengemeinde irgendwo im Randgebiet Kopenhagens im Schatten eines großen Hotels mitsamt Friseursalon, Bäckerei und Kneipe und eines Fußballstadions. Dort treffen sich die Personen dieses Films, deren Geschichten einzeln und auch im Ensemble erzählt und schlußendlich in einer gemeinsamen Venedigfahrt zusammengefaßt werden: Die Friseuse, der die Mutter an Alkoholsucht wegstirbt. Die Verkäuferin im Bäckerladen, der der Vater wegstirbt. Der Betreiber der Stadionkneipe, der seinen Job verliert. Die italienische Kollegin, die ihm gleich folgt. Der Angestellte im Hotel, der bei Frauen keinen mehr hochkriegt. Der neue Pfarrer, der eigentlich nur vertretungsweise predigt, weil der ältere Herr Kollege durchgedreht ist. Dies sind die Ausgangsstellungen, und von dort aus starten dann die Verwicklungen: Zwei Schwestern finden zusammen, eine stürmische aber konfliktreiche Liebe bricht aus, eine andere, schüchterne und zunächst unausgesprochene Liebe bricht auch noch aus, während eine dritte, noch schüchternere und noch unausgesprochenere Zuneigung bis zum Schluß nicht artikuliert wird, der neue Pfarrer aber immerhin seinen Maserati verkauft mit dem vielsagenden und vielversprechenden Hinweis, er werde ihn fortan nicht mehr benötigen. Das Schicksal schlägt also kräftig um sich im Staate Dänemark, es wird gestorben, gelitten, gepoltert, verletzt, verziehen, geliebt, mal laut, mal stumm, und all das in einem Film, der so unaufdringlich und locker daherkommt, so unangestrengt, leicht und doch in den entsprechenden Momenten so schwer wie halt das Leben sein kann, daß man in jeder Hinsicht von einer großen menschlichen Komödie sprechen kann. Eine Komödie im Gewand eines Dogmafilms – endlich mal wieder einer aus Skandinavien, wurde auch allerhöchste Zeit! – was ja heutzutage nichts Besonderes mehr ist, da sich jeder dritte Film diese Attribute umhängen und modern, frei und improvisiert erscheinen will. Den Dänen, also auch diesem Film hier, gelingt aber noch etwas ganz anderes, was ihre Filme letztlich doch wieder von all den Nachahmern trennt: Sie schaffen Abenteuer, sie überraschen uns, verblüffen uns, hauen uns aus dem Sessel, lassen uns laut herausplatzen oder verschlagen uns die Sprache, kurz, in fast jeder Szene kann etwas völlig Verrücktes, Komisches oder auch Fürchterliches geschehen, ständig muß man mit dem Schlimmsten oder dem Schönsten oder auch Absurdesten rechnen, was natürlich dazu führt, daß man als Zuschauer sich in einem Zustand ständiger Vorfreude und Erwartung befindet oder einfach froh und glücklich lächelnd zuschaut. So ging es mir auch diesmal wieder, ich war von Beginn an voll dabei, mittendrin in all dem oft tragikomischen, grotesken oder zärtlichen Geschehen, das so intensiv und direkt von den Schauspielern und der Kamera vermittelt wird und das auch ohne aufdringliche Töne oder platte Gags jederzeit vollkommen präsent ist. Der Film geht auch den unbequemen Momenten nicht aus dem Weg, macht ganz deutlich, daß diese Leute hier keine Heiligen sind und dies auch nicht anstreben, verhandelt Tabus nonchalant und mit leicht makaberer Tönung und findet immer wieder zu seinem wundervollen Humor zurück, der durchaus derbere Einfärbungen erhalten kann, niemals aber seine Balance oder seinen Geschmack verliert. Also: Ein großartiger, einfach schöner Film, den ich Minute für Minute genossen habe. (6.2.)