„Bend it like Beckham“ (Kick it like Beckham) von Gurinder Chadha. England, 2002. Parminder Nagra, Keira Knightley, Jonathan Rhys-Meyers, Anupam Kher, Shaheen Khan, Archie Panjabi, Frank Harper, Juliet Stevenson

Vor ziemlich viel Jahren hat Frau Chadha mal einen wunderschönen, frechen, sehr witzigen Film über die indische Community in London gedreht, „Bhaji on the beach“  hieß der, und er hat sich mit den Landsleuten ebenso liebevoll wie ironisch beschäftigt, ihr alltägliches Treiben beobachtet, ihre merkwürdigen Sitten und Traditionen und den Zusammenprall mit der britischen Kultur, der Kultur der Kolonialherren also. 

Diesmal geht es um etwas ganz Ähnliches – wieder steht die etablierte, aber nicht sehr assimilierte indische Mittelklasse Londons im Mittelpunkt, und wieder geht es um die Konfrontation der verschiedenen Lebensweisen, verdeutlich am Thema Mädchen und Fußball: Jess ist eine begnadete Spielerin und wünscht sich nichts sehnlicher, als in einem richtigen Team zu spielen. Als sie Jules kennenlernt, die eben dies tut, scheint ihr Traum in Erfüllung zu gehen, doch türmen sich gewaltige Hindernisse auf, vor allem eben der Widerstand der traditionsbewußten Eltern, hauptsächlich aber der Mama natürlich, die für ihre Tochter garantiert eine andere Karriere im Kopf hat als die einer Fußballspielerin. Jess soll beizeiten mit einem gut situierten indischen Burschen verkuppelt werden und dann den Weg aller Vorfahren beschreiten, auch den der älteren Schwester, die just im Begriffe ist, sich zu vermählen. Dann gibt es Eifersucht, Rivalitäten, Gerüchte um lesbische Beziehungen und dergleichen mehr. Jess aber möchte für ihren Traum kämpfen, und Jules und der Trainer Joe bestärken sie darin. Mit Lügen und Tricks und allerlei Mißverständnissen boxt sie sich durch, und am Schluß sitzen sie und Jules, wieder versöhnt nach zwischenzeitlichem Disput, gemeinsam im Flieger nach Amerika, wo eine echte Ausbildung und mehr Erfolg auf sie warten.

Nach Chadhas Erstling hatte ich so einiges erwartet von ihrem neuen Film, und ich fand mich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Die Pluspunkte liegen klar auf der Hand: Hervorragende Schauspieler, eine an sich originelle Story, liebevolle Milieuschilderungen und sehr viel Temperament. Die Nachteile allerdings sind genau so prominent: Eine Dramaturgie mit zu vielen Leerstellen mittendrin (der Film ist mit fast zwei Stunden deutlich zu lang), eine Story, die sich letztlich doch nicht auf ihr Hauptthema konzentrieren kann, sondern zu viele Nebenschauplätze aufmacht, zu viele Themen streift, eine gewisse Schwäche bei den Fußballszenen (für eine durchschnittliche Vororttruppe spielen die Girls viel zu brillant), und das erwähnte Temperament, das manchmal ein wenig zu sehr mit der Regisseurin durchgeht, und allein auf Feel-good-Stimmung setzt. Natürlich gibt es charmante Szenen und ein paar schön ironische Gags über indische Mamas und englische Mamas, und den ganz normalen Rassismus und die Rigidität indischer Traditionen, Engstirnigkeit allgemein, sexuelle Vorurteile, Zickerei, Eitelkeit und dergleichen mehr, und man hat schon seinen Spaß, manchmal aber zieht sich die Angelegenheit dann doch über Gebühr und ich wünsche mir, Frau Chadha hätte die eine oder andere Nebenhandlung einfach weggelassen und sich auf das Wesentliche konzentriert, denn das allein hätte ausgereicht für einen schönen, runden Film. So stören einige Ungereimtheiten doch, und ich hatte mal wieder den Eindruck, daß hier einiges an Potential verschenkt worden ist, was ich in diesem Fall nicht erwartet hatte. Herausgekommen ist also eine normale englische Komödie, die sicherlich Erfolg haben wird, eigentlich aber mehr hätte sein können. (28.10.)