„Nichts bereuen“ von Benjamin Quabeck. BRD, 2001. Daniel Brühl, Jessica Schwarz, Denis Moschitto, Marie-Lou Sellem, Josef Heynert, Sonja Rogusch, Gerd Croll
Just im trüben Wuppertal, das mittlerweile – man denke nur an Tom Tykwers „Der Krieger und die Kaiserin“ zur nächsten Filmhauptstadt des Reiches mutiert, trägt sich diese kunterbunte, turbulente, rasante und herrlich witzige Selbstfindungs- oder Initiations- oder Wasweißichgeschichte zu, die die Sorgen, Nöte und Gefühlswallungen eines Neunzehnjährigen namens Daniel zum Thema hat. Daniel hält sein Abi in der Hand und muß erkennen, daß er noch nicht mit einer einzigen Frau geschlafen hat, trotz all der fachmännischen Ratschläge seines besten Freundes Denis, der auf diesem Bereich hinreichend bewandert ist. Die Jungs gehen erstmal surfen an den Atlantik, aber dann, zurück im Bergischen, wird sich Daniel ernsthaft an die Eroberung seiner Jugendliebe Luca machen, der er seit vier Jahren hinterherschmachtet, der er sich aber einfach nicht erklären kann. So kommt es zu allerlei merkwürdigen Szenen, in Kirchen, auf Parties, auf nächtlichen Straßen, Daniel wird Zivi, lernt eine Pflegerin Anna kennen und schon geraten die Gefühle von neuem in Aufruhr, zumal just diese Dame seine erste Eroberung sein wird. Am Schluß steht Daniel vorübergehend allein da: Der beste Freund geht nach Berlin, Luca zieht sich etwa frustriert zurück, Anna dreht sich ebenfalls in der Warteschleife, ein alter Patient stirbt, eine Pulle Korn wird geklaut, die Behörden werden aufmerksam, und Daniel weiß eigentlich nur eins, nämlich daß er tun muß, wozu er Lust hat, aber was im Einzelnen das sein wird, ist noch nicht recht geklärt.
Ein Film aus der jungen Generation, also schnell, direkt, unbekümmert was die filmischen Mittel angeht, mit allen tricks der Videotechnik, frech, unkonventionell, aber auf eine gewisse Art auch schon wieder nicht, denn es werden mittlerweile doch recht viele Filme in diesem Stil hergestellt (viel Musik, viele Schnitte, Farbveränderungen, Split Screen, Kameragewackel undsoweiter), so daß man fast wieder von einer Konvention sprechen könnte. Aber das ist auch egal, denn hier hat man mächtig viel Spaß, die Jungs vielleicht eher als die Mädels, denn dieser Film zeigt ganz klar Jungs unter sich, mit all ihren Kindereien, Spinnereien, spätpubertären Aussetzern und allem, was Jungs so auszumachen pflegt. Das wird mit sehr viel Liebe, Zärtlichkeit und Ironie begutachtet, fachmännisch im Tonfall, sehr gefühlvoll bei den Pointen und Gags, sexy und utopisch und vielleicht gegen Ende ein kleines Stückchen zu lang. Der Film gibt sich nicht sonderlich tiefsinnig oder wedelt mit fetten Botschaften herum, aber er trifft bestimmt sehr gut die Situationen und Gefühle der Leute, ihre Haltung, ihr Selbstbewußtsein, ihren Egoismus, ihre Abenteuerlust, ihre Ängste, ihre Sehnsüchte, und auf diese Weise sagt er sicherlich viel mehr über die Menschen und die Zeit, als andere, vermeintlich ambitionierte Werke, die aber an ihrer stilistischen Selbstverliebtheit und Oberflächlichkeit scheitern. Hier sind innerer Anspruch und künstlerische Attitüde in eine gute Balance gebracht worden, und außerdem ist der Film zum Teil auch einfach irre witzig. (23.1.)