„Sexy Beast“ (#) von Jonathan Glazer. England, 2000. Ray Winstone, Ben Kingsley, Ian Kendall, Amanda Redman, Ian McShane, James Fox
Gal hat sich aus dem Geschäft zurückgezogen nach Spanien, und dort brät er nun genüßlich in der Sonne, pflegt seinen Bauch, liebt seine Frau, genießt die faule Gesellschaft eines anderen britischen Ehepaares, das unter ganz ähnlichen Umständen in den Süden emigriert ist und läßt den sprichtwörtlichen lieben Gott einen guten Mann sein. Bis eines schönen Tages Don Logan aus London kommt und Gal zu einem Job rekrutieren will: Ein Panzertresor mit viel Wertsachen dahinter will geknackt werden. Gal, der wie alle anderen eine Heidenangst vor dem wilden Mann hat, lehnt zuerst heldenhaft ab, doch Logan läßt sich nicht abwimmeln. Schließlich ergeben sich Umstände, unter denen Gal den Job dann doch übernehmen muß.
Ein sehr schön fieser und makaber getönter Gangsterfilm, der vor allem im ersten Teil, im spanischen nämlich, mit einiger Perfektion sein Spielchen treibt: Wir bauen zunächst buchstäblich aus dem himmelblauen, sonnig-heißen, südlich-trägen Nichts eine wahrhaft finstere, höchst bedrohliche Situation auf und breiten sie dann mit sadistischer Hingabe vor dem schlotternden Publikum aus. Zwei vor schierer Angst paralysierte Ehepaare mittleren Alters, sonnengebräunt, faltig, ein wenig verbraucht, ein wenig verlebt, die nichts anderes mehr wollen, als sich auf ihrem unehrlich erworbenen Geld auszuruhen. Und dann dieser glatzköpfige, tätowierte Kerl, dieser unflätig daherstotternde Psychopath, kleiner und schmaler als die anderen und augenscheinlich unbewaffnet, und dennoch verbreitet er allein durch die Nennung seines Namens Angst und Schrecken. Hier wird große Spannung, physische wie auch psychische, sehr gekonnt aufgebaut und gehalten, und ich muß schon sagen, daß diese Spannung durch den Szenenwechsel, nun geht’s nach London, weitgehend verloren geht. Die Ausführung des Coups wird ohne große Originalität und vor allem ohne den vorherigen Blick für Details geschildert, es geht sowieso alles ziemlich schnell, sodaß gar keine Atmosphäre aufkommen kann, und nur der hundsgemeine Drahtzieher des ganzen weckt annähernd neue Hoffnungen. Aber vor allem verliert der Film in diesem zweiten Teil, weil er uns nicht mehr gibt, was wir eigentlich haben wollen, und das ist in diesem Fall doch nur eins: Ben Kingsley. Dieser geniale Schauspieler zieht eine atemberaubend grandiose Show ab, die man problemlos über die ganzen anderthalb Stunden und auch noch länger hätte genießen können, ohne das eine Sekunde Langeweile entstanden wäre. Der leise, kultivierte, edle gute Mensch mit der weichen Stimme und den warmen großen Augen hat sich verwandelt in ein drahtiges, dämonisches Tier, unberechenbar, jähzornig, unzurechnungsfähig, sprunghaft in den ohnehin kaum geordneten Gedanken, augenscheinlich total schizophren, jederzeit gewaltbereit und total skrupellos – kurz, genau der richtige Typ, um uns das Fürchten zu lehren, und zwar gründlich. Kingsley hat zwar in Ray Winstone, den man normalerweise viel eher in dieser Rolle vermutet hätte, einen sehr guten Partner, doch er ist ganz ohne Frage die Attraktion des Films, der sich ansonsten ein paar technische Mätzchen gönnt, schön zwischen Humor und Gewalt pendelt und, um ein wirklich rundherum gelungener Film zu sein, unbedingt in Spanien hätte bleiben müssen. Die ganze Londoner Episode hätte niemand gebraucht – ein bißchen mehr tödliches Geplänkel am Pool dafür, noch ein bißchen mehr Kingsley gegen die anderen, und alle wären vollkommen glücklich gewesen. (10.7.)